© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  36/09 28. August 2009

Deutschlands Interessen in Afghanistan
Undurchdachte Politik
von Günther Deschner

Brunnen bohren, Schulen bauen, Bäumchen pflanzen oder – wenn’s hochkommt – die Unterdrückung der Frau beseitigen, die Menschenrechte bringen oder der Demokratie auf die Beine helfen: Wenn man die gutgemeinten, manchmal auch nur undurchdachten und unbeholfenen Worte hört, mit denen deutsche Politiker die Notwendigkeit begründen, daß deutsche Soldaten auch noch viele weitere Jahre in Afghanistan helfen, kämpfen und viele auch sterben, dann könnte man fast vergessen, daß das Verhältnis zwischen Deutschland und Afghanistan früher zwar auch von Respekt, Zuneigung und Sympathie bestimmt war, daß am Anfang aber ein gemeinsames militärisches Interesse stand und ein kriegerischer Konflikt.

Das politische Techtelmechtel zwischen Kabul und Berlin begann nämlich damit, daß der Bankiersohn Oppenheim und der Diplomat von Hentig im Ersten Weltkrieg Afghanistan bereisten. Zweck der Reise war, das Land zur Erlangung seiner Unabhängigkeit zum Krieg gegen Britisch-Indien anzuregen. Das deutsche Interesse war eindeutig und lag darin, England zur Verlegung eines Teils seines Kriegspotentials aus Europa nach Indien zu veranlassen. Die deutsch-afghanische Freundschaft war damals, als sie begann, noch von klar erkennbaren Interessen definiert. In Berlin hat man das heute nicht mehr so deutlich im Blick.

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