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37/09 04. September 2009
Frisch gepresst
Agrarwissenschaft. Willi Oberkrome veröffentlichte 1993 seine Dissertation über
Völkische Ideologisierung in der deutschen Geschichtswissenschaft 1918 bis
1945, in der die späteren Großmeister der bundesdeutschen Historikerelite wie
Theodor Schieder oder Werner Conze eine tragende Rolle spielen. Seine lieben
Kollegen, die seit 1998 unter Götz Alys Stabführung skandalisierten, daß
Schieder&Co. ihre Biographien als Mitgestalter der Volksgeschichte während der
NS-Zeit nicht hinreichend bewältigt hätten, denunzierten den eigentlich rundum
beflissenen, hierüber Aufklärung bietenden Oberkrome trotzdem wegen winziger
Abweichungen vom eingeschliffenen Deutungsmuster als Apologeten ehemaliger
Nazis. Dieser Versuch einer sozialen Exekution ist Oberkrome derart in die
Knochen gefahren, daß er seitdem in seinen wissenschaftshistorischen Arbeiten
peinlich devot jeden Schritt vom Wege vermeidet. So auch in seiner jüngsten
Untersuchung Ordnung und Autarkie zur Geschichte der deutschen
Landbauforschung, Agrarökonomie und ländlichen Sozialwissenschaft im Spiegel von
Forschungsdienst und DFG (19201970) (Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2009,
gebunden, 370 Seiten, 50 Euro). Das nicht zuletzt durch die britische
Hungerblockade nach 1917 beförderte Streben nach importunabhängiger Versorgung
(autarkiewirtschaftlicher Imperativ) gehorche jenem für Oberkrome
verwerflichen, ihm letztlich rätselhaften Willen deutscher Führungsschichten
nach politisch-ökonomischer wie kultureller Selbstbehauptung im Kampf der
Kontinente (Sven Hedin).
DDR-Mythen. Seit der Politikwissenschaftler Klaus Schroeder mit einer Studie das
erschreckende DDR-Bild vieler Schüler aufgedeckt hat, reißen die Debatten über
die Verharmlosung der SED-Diktatur nicht ab. Längst kommt die Verklärung nicht
mehr nur von der Linkspartei: Auch der Ministerpräsident von
Mecklenburg-Vorpommern, Erwin Sellering (SPD), äußerte noch im März, die DDR sei
kein totaler Unrechtsstaat gewesen. Armin Fuhrer hat nun dazu in seinem Buch
Von Diktatur keine Spur? Mythen und Fakten über die DDR (Olzog, München 2009,
broschiert, 157 Seiten, 14,90 Euro) alles gesagt, was gesagt werden muß.
Akribisch und klarsichtig widerlegt er den Wust aus Mythen und Legenden, der
sich mehr und mehr um die SED-Diktatur zu ranken scheint: von den vermeintlichen
sozialen Errungenschaften über die angeblich bessere Frauenförderung und
Umweltpolitik bis hin zur Mär vom besseren Deutschland, wie der letzte
Abschnitt überschrieben ist. Fuhrer scheut sich nicht, heiße Eisen wie die bis
heute nachwirkende DDR-Geschichtsklitterung, die Instrumentalisierung des
Nationalsozialismus durch die SED oder ihre Kampagnen gegen westdeutsche
Politiker anzupacken.
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