© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/09 11. September 2009

Der mit der Meute hetzt
Warum der für seine Äußerungen über Rumänen und Chinesen gescholtene Jürgen Rüttgers keine Solidarität verdient
Thorsten Hinz

Von einem schwer behebbaren außenpolitischen Schaden raunt SPD-Kanzlerkandidat Steinmeier, und die grüne Spitzenfrau Renate Künast spricht von „purem Rassismus“. Große Worte zum kleinen Anlaß: Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) hat – mit Blick auf das nach Rumänien verlagerte Bochumer Nokia-Werk – die Rumänen der Faulheit geziehen und außerdem angekündigt, die Chinesen zu „würgen“, bis sie in NRW investieren. Das ist weder intelligent noch witzig, doch anscheinend publikumswirksam. Schließlich ist Wahlkampf.

Mitgefühl darf Rüttgers dennoch nicht erwarten, wenn die Praktiken der Sprach- und Gesinnungspolizisten ihn jetzt einholen. Rüttgers – der Name assoziiert einen rückgratlosen Politiker, der nach oben buckelt, nach unten tritt und sich dabei christlich und demokratisch fühlt. Gut in Erinnerung sind noch seine Ausfälle gegen den damaligen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, als der wegen angeblichen Antisemitismus’ zum Abschuß freigegeben wurde, an seine Rassismus-Anwürfe gegen den Kölner Anti-Islamisierungskongreß 2008 und an die Duldung linksradikaler Schlägertrupps bei dieser Gelegenheit. Wer sind schon die Rumänen?, wird er jetzt gedacht haben, und daß die Chinesen sowieso weit weg seien. Rüttgers handelt verläßlich nach der Logik des CDU-Opportunisten. Niemals würde er es wagen, die fragwürdigen Verhaltensweisen bestimmter Bevölkerungsgruppen hierzulande ähnlich scharf zu geißeln. Wer so mit der Meute hetzt, hat keine Solidarität verdient, wenn er selber von den Hunden gebissen wird.

Das Affärchen zeigt, daß es im Chor der Korrekten und Gerechten eine stabile Hackordnung gibt. Im Zweifel gilt: Was dem linken Jupiter Lafontaine (Stichwort „Fremdarbeiter“) erlaubt ist, das ist dem CDU-Ochsen Rüttgers noch lange nicht gestattet. Im übrigen sind wir – das beweist die Art und Weise, wie die Reden an die Medien lanciert wurden – in der Gesellschaft der Überwacher und Denunzianten längst angekommen.

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