© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  38/09 11. September 2009

Meldungen

Erster Weltkrieg: Fatale deutsche Rohstofflage

STUTTGART. Fritz Fischers inzwischen recht angestaubte These vom „Griff nach der Weltmacht“, die dem deutschen Kaiserreich die Alleinschuld am Ausbruch des Ersten Weltkrieges zuschob (JF 31-32/09), hätte 1961 mühelos mit dem Hinweis auf die deutsche Rohstofflage im Sommer 1914 gekontert werden können. Doch erst der jüngeren Forschung ist es gelungen, einen Überblick über die wehrwirtschaftlich wichtigen Ressourcen zu gewinnen, die Heer und Marine bei Kriegsausbruch 1914 zur Verfügung standen. Der norwegische Historiker Rolf Harald Stensland erweitert diese Rekonstruktion nun mit einer Studie über die deutsche „Schwefelbeschaffung und -bewirtschaftung“ (Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, 2/09). Die deutschen Behörden hätten nichts unternommen, um vor dem 1. August 1914 die Lagerbestände an Schwefel zu erhöhen. Es habe nicht einmal eine vage Übersicht über die Bestände an kriegswichtigen Rohstoffen gegeben, zu denen auch das Importgut Schwefel gehörte. Dann angeordnete Erhebungen hätten ergeben, daß die für die Munitions- wie für die Düngerproduktion unentbehrlichen Schwefelvorräte kaum sechs Monate hinreichen würden. Von einem lange vorbereiteten „Griff nach der Weltmacht“ zeuge eine derartige Rohstoffpolitik nicht. Nur skandinavische Lieferungen und eine halbwegs geglückte Ersatzstoffproduktion hätten den militärisch-ökonomischen Zusammenbruch schon im Frühjahr 1915 verhindert.

 

Zeitungsenten 2009: Schrumpfende Fische

HAMBURG. Journalisten gerieren sich gern als Fachleute fürs Allgemeine. Peinlichste Blamagen zählen dann zum Berufsrisiko – das sich vor allem dort realisiert, wo naturwissenschaftlicher Sachverstand gefragt ist. So glaubte das Hamburger Abendblatt am 27. Juni 2009 einen ökologischen Klassiker, die Überfischung der Weltmeere, mit der Schlagzeile „Fischerei läßt Fische schrumpfen“ aktualisieren zu können. Ihre hydrobiologisch ebenso unausgewiesenen Kollegen von Spiegel online legten am 21. Juli nach, führten die „Schrumpfung“ von Fischen aber nicht darauf zurück, daß die größeren Exemplare der Selektion der Netze zum Opfer fielen, sondern machten pauschal den Klimawandel verantwortlich, der ein „allgemeines Schrumpfen aller Organismen“ bewirke. Was von solchem Alarmismus zu halten sei, verdeutlicht Das Fischerblatt (7/09) mit einem knappen Referat über ein Seminar für Fischereiforschung, das am 23. Juli in Brüssel stattfand. Nach Ansicht der teilnehmenden Wissenschaftler gebe die Bestandssituation in EU-Gewässern keinen Anlaß zu ökologischer Sorge: Die Zahl der überfischten Bestände nehme kontinuierlich ab, der Anteil der nachhaltig bewirtschafteten steige an.

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