© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  39/09 18. September 2009

Nicht nur ein Gemeindeleiter
Die Rolle des Priesters
Georg Alois Oblinger

Das Wissen um das katholische Priestertum und den katholischen Priester, um seine Weihe und besondere Sendung, um seine Haltung der opfernden Selbsthingabe hat sich innerhalb weniger Jahrzehnte über weite Strecken verflüchtigt, und damit häufig auch die Liebe zu ihm.“ Mit diesem Satz beginnt Veit Neumann sein Interview-Buch mit dem emeritierten Bischof von Bamberg, Erzbischof Karl Braun. Der Anlaß des Buches ist ein doppelter: Erzbischof Braun, der stets einen konservativen Ruf genoß, feierte kürzlich sein silbernes Bischofsjubiläum. Zugleich hat das von Papst Benedikt XVI. ausgerufene „Jahr des Priesters“ begonnen, in dem das Wesen des Priesters und seine Unersetzlichkeit in der sakramentalen Struktur der Kirche zum Thema werden sollen.

Nicht nur die Kirche befindet sich heute in der Krise, sondern auch das katholische Priestertum. Da viele Katholiken in der demokratischen Gesellschaft nichts mehr ahnen vom Handeln des Priesters „in persona Christi“ und diesen stattdessen nur noch als Gemeindeleiter sehen, werden nicht wenige Priester von Selbstzweifeln geplagt. Manche sehen ihre Aufgabe rein horizontal als Dienstleistung an der Gemeinde. Bischof Braun meint: „Der Priester muß heute der großen Versuchung widerstehen, daß er nicht wagt, das zu sein, was er ist, und deshalb in falscher Weise sich laisiert.“ Die zunehmenden Aufgaben des Priesters in der heutigen Gesellschaft bewirken auch, daß nicht wenige frustriert sind oder unter dem Burn-out-Syndrom leiden. Die vielfältigen Probleme, denen sich die Priester heute stellen müssen, rühren an die Grundlagen des priesterlichen Amtsverständnisses.

Das Priestertum kann aber nur geistlich begründet werden. Daraus resultiert die Notwendigkeit, daß der Priester ein geistliches Leben führt, was jedoch mehr bedeutet als nur Gebet und eine „Summe von Frömmigkeitsübungen“. Der Priester ist in die Nachfolge Christi gerufen und diese ist immer eine Kreuzesnachfolge. Gerade im Kreuz Christi kann er Kraft schöpfen in den Anfechtungen und Herausforderungen unserer Zeit, in der wir „die schwerste Krise der Kirche seit ihren Anfängen erleben“. Das Priestertum darf nicht rein innerweltlich begriffen werden. Vielmehr muß die Dimension der Transzendenz neu entdeckt werden. So bietet dieses Buch spirituelle Impulse nicht nur für Priester, sondern für all jene, die als katholische Christen die Wertschätzung des Priestertums noch nicht aufgegeben haben.

Veit Neumann: Die Kreuzestreue des Priesters, im Gespräch mit Erzbischof Karl Braun. Fe-Medienverlag, Kisslegg 2009, gebunden, 128 Seiten, 10 Euro

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