© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  40/09 25. September 2009

UMWELT
Endlich ist der Zirkus vorbei
Volker Kempf

Am Sonntag ist der Wahlkampfzirkus endlich vorbei. Wer die Wahrheit hören will, stellt seine Ohren in Wahlkampfzeiten ohnehin auf taub. Selbst wer das Fernsehduell Steinmeier/Merkel boykottiert hat, dem blieb nicht erspart, anderswo zu hören, wer wen wie schonte oder mit verbaler Watte bewarf. Der Umweltverband WWF etwa hat hingeschaut und bemerkt, über Atomkraft seien nur ganz wenige Sekunden verloren worden, über Umweltschutz nicht ein einziges Wort. Daß über Tierschutz ebenfalls nicht gesprochen wurde, wird nicht einmal mehr beklagt. Selig also, wer den Fernseher aus hatte. Und nach der Wahl? Da treten wieder Politiker vor die Kameras, die gewählt wurden, weil eine Mehrheit glaubte, das kleinere Übel zu wählen – was dann lächelnd als großer Vertrauensbeweis interpretiert wird.

Politiker abzuwählen, ist also gar nicht so einfach. Wer mit seiner Stimme für „Sonstige“ votiert, darf nicht nur zusehen, wie die unter der Fünf-Prozent-Sperrklausel liegenden Parteien ohne Parlamentssitze bleiben, sondern auch, daß diese – wie von Piraten – von denen besetzt werden, die man gerade abwählen wollte. Man kann daher getrost am Sonntag den Fernseher abschalten – oder noch besser ins fremdsprachige Ausland abwandern. Dort versteht man nichts und kann dann richtig abschalten. Sind vielleicht deshalb die Deutschen Reiseweltmeister? Nietzsche mochte das Ausland ebenso wie der von Depressionen geplagte Max Weber. Also, auf nach Italien oder Spanien? In den mediterranen Staaten steht es allerdings noch schlechter um den Tierschutz als in Deutschland – das bekommt man durch Internet und TV auch dort mit. Letztlich gibt es also kein Entrinnen aus dieser Welt, weil es nur ein einziges globales Dorf gibt.

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