© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  41/09 02. Oktober 2009

Der Aufstand der Kleinen bleibt aus
Bundestagswahl II: Von den sonstigen Gruppierungen konnte allein die Piratenpartei mit ihrem Abschneiden für Aufsehen sorgen
Felix Krautkrämer

Unter den Blinden ist der Einäugige bekanntlich König. Diesem Umstand dürfte es zu verdanken sein, daß nach der Bundestagswahl unter den Kleinparteien wie so oft kein Mangel an Königen herrscht. Ein Verlierer kann schließlich nur sein, wer noch etwas zu verlieren hat.

Als „einzige ernstzunehmende nationale Kraft“ bezeichnete sich daher auch die NPD in einer Mitteilung nach dem Wahltag. Rund 635.000 Zweitstimmen hatte sie für sich verbuchen können, was 1,5 Prozent der Gesamtwähler entspricht und der finanziell gebeutelten Partei immerhin die Wahlkampfkostenerstattung sicherte. Für die Republikaner und die DVU sah es da schon schlechter aus. Sie verpaßten die staatliche Einnahmequelle mit 0,4 beziehungsweise 0,1 Prozent der Wählerstimmen. Immerhin gestand DVU-Chef Matthias Faust ein, die Wahl verloren zu haben. Allerdings sei seine Partei vorrangig zur Bundestagswahl angetreten, um damit den Landtagswahlkampf in Brandenburg zu unterstützen – jedoch ohne Erfolg. Die Partei flog nach zwei Legislaturperioden mit 1,2 Prozent (minus 4,9) aus dem Landtag.

Republikaner-Chef Rolf Schlierer bezeichnete das Abschneiden seiner Partei gegenüber der JF als „ärgerlich – auch wegen dem Nichterreichen der Wahlkampfkostenerstattung“. Ein „Weiter so“ könne es nun nicht mehr geben. Vielmehr müßten sich die Republikaner programmatisch und äußerlich neu präsentieren, sagte Schlierer.

Ob die 1,5 Prozent der NPD ausreichen, um deren selbsternannten Führungsanspruch unter den Rechtsparteien zu rechtfertigen, ist fraglich – zumal auch die NPD Stimmverluste hinnehmen mußte. Etwa 113.000 NPD-Wähler der vergangenen Bundestagswahl verweigerten der Partei diesmal das Kreuz, was auch bei gesunkener Wahlbeteiligung immer noch einem Verlust von 0,1 Prozentpunkten entspricht. Und auch wenn das Ergebnis gemessen am Wahlausgang von 2002 immer noch eine Steigerung um 1,1 Prozentpunkte bedeutet, dürfte es für die Partei keinen Grund zur Beruhigung geben. Denn auch in ihren Hochburgen Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern, wo die NPD über Landtagsfraktionen verfügt, blieb sie bei der Bundestagswahl mit 4,0 beziehungsweise 3,3 Prozent unter der Fünf-Prozent-Hürde. Betrachtet man dann noch das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen, in dem die NPD lediglich auf 0,9 Prozent der Stimmen kam, stellt sich das Wahlergebnis der Partei bei weitem nicht als ein solcher Erfolg dar, wie es die Verantwortlichen gerne hätten.

Aber auch für die anderen Kleinparteien, die nicht dem rechten Lager zuzuordnen sind, dürfte der Wahlabend ein bitteres Erwachen gewesen sein – sofern sich die jeweiligen Parteiführer nicht der Realität der Zahlen verschlossen. Die ödp beispielsweise deutete ihr Wahlergebnis von 0,3 Prozent als einen Überraschungserfolg. Immerhin habe man sich im Vergleich zum Wahlergebnis von vor sieben Jahren um 0,1 Prozentpunkte gesteigert. Auf die ödp kämen nun gewaltige Aufgaben zu, sagte Parteichef Claudius Moseler: „Wir müssen in den kommenden Jahren vor allem die von CDU und FDP forcierte Renaissance der Atom- und Kohlekraft verhindern.“

Die Partei Bibeltreuer Christen (PBC) und die Familienpartei büßten dagegen im Vergleich zur Bundestagswahl 2005 jeweils 0,1 Prozentpunkte ein und kamen nur auf 0,1 und 0,3 Prozent der Stimmen.

Einen Achtungserfolg konnte lediglich die Piratenpartei erzielen, die für die unbegrenzte Freiheit des Internet kämpft und erstmals zu einer Bundestagswahl antrat. Sie wurde mit 2,0 Prozent mit Abstand stärkste Partei unter den Kleinen. Ihr bestes Landesergebnis verzeichneten die Piraten in der Hauptstadt, wo sie auf 3,4 Prozent der Stimmen kamen, im dortigen Wahlbezirk Friedrichshain-Kreuzberg sogar auf 6,2 Prozent. Piraten-Chef Jens Seipenbusch zeigte sich angesichts des Wahlergebnisses im Kurs seiner Partei bestärkt: „Der Wahlkampf hat uns bereits gezeigt, daß unsere Themen und unser neuer Politikstil bei den Menschen in Deutschland einen Nerv getroffen haben.“ Als nächstes Ziel nannte Seipenbusch den Antritt zur Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Mai nächsten Jahres. Hier wolle man mit noch größerer Kraft durchstarten.

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