© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/09 06. November 2009

Zeitschriftenkritik: A Tempo
Im Schoß der Natur
Werner Olles

ATempo, das anthroposophisch orientierte „Lebensmagazin“ der Verlage Freies Geistesleben und Urachhaus erscheint monatlich im DIN-A-4-Format mit einem Umfang von etwa vierzig Seiten und liegt in über 2.000 Einrichtungen des Kulturlebens und des Buchhandels aus. Auf Wunsch wird die Zeitschrift jedoch auch im Abonnement ins Haus geschickt. Die aktuelle Ausgabe (November 2009) enthält unter anderem eine Würdigung des großen deutschen Dichters Friedrich Schiller zu seinem 250. Geburtstag. Am 10. November 1759 in Marbach am Neckar geboren, litt er zeit seines Lebens nicht nur an schweren Krankheiten, sondern auch unter finanziellen Existenzsorgen. Im ewigen Kampf mit seiner schwachen gesundheitlichen Konstitution blieb er dennoch gelassen, und seine Dramen, Gedichte und Redewendungen schienen an all diesen Widerständen und Unpäßlichkeiten sogar noch zu wachsen.

Schillers Hoffnung war jedoch keine bloßes Schicksalsvertrauen, sondern angefüllt mit Ideen, geistigen Höhenflügen, Lebensfreude und kühnen Visionen. Über seinen schöpferischen Enthusiasmus schrieb der Dichter Friedrich Hebbel: „Immer hat das Schicksal geflucht, und immer hat Schiller gesegnet.“ Um die Gegenwart zu verstehen, gilt es, so Schiller, die Vergangenheit zu kennen. Man könne es, so schrieb er, selbst in den alltäglichen Verrichtungen des bürgerlichen Lebens nicht vermeiden, zum Schuldner vergangener Jahrhunderte zu werden. Die Frage nach dem neuen Leben stellte sich für ihn immer auf dem Boden des alten Lebens, der Vergangenheit, die ebenso interessant ist wie die Zukunft. Und in seiner Antrittsrede als Geschichtsprofessor in Jena skizzierte er die Wahrheit als das wichtigste Gut des Menschen, ohne das Geschichte zu betreiben unmöglich sei. Sprache, Sitten, Nationalkultur, bürgerliche Vorteile und Gewissensfreiheit, all dies sei „das Resultat vielleicht aller vorhergegangenen Weltbegebenheiten“.

Über „Meisterkletterer, Baumfreaks und andere Seilartisten“ berichtet Ralf Lilienthal in seinem Essay „Wipfelstürmer“. Von der sogenannten Seilklettertechnik profitiert jedoch nicht nur die moderne Baumpflege, so mancher gestandene Mann ist inzwischen vom Klettervirus befallen und kann dank seiner Einweihung in die Geheimnisse der Baumbiologie nun „einen Baum geradezu lesen“. Tatsächlich finden sich unter den zumeist athletischen Seilartisten und Baumkletterern fast nur Jungs, Frauen sind in dieser Szene, die ein wenig an die Surfer-Szene erinnert, so gut wie nicht vertreten. Bei den international besetzten und gut besuchten Klettermeisterschaften stellt eine Sportler-Elite ihr Können in mehreren Disziplinen eindrucksvoll unter Beweis: Arbeitsklettern, Werfen mit dem Wurfbeutel, schneller Aufstieg und Retten. Den anderen Kletterern geht es mehr um die Erhaltung und Vitalität der Bäume, um den idealen Schnitt. Während die Sport-Kletterer durch die Bäume fliegen, fühlen sich die Baumfreaks „im Schoß der Natur“. Für sie sind Bäume wie Landschaften, in denen viele bislang unverwobene Lebensfäden zusammengefaßt sind.

Anschrift: Verlag Freies Geistesleben und Urachhhaus. Landhausstr. 82, 70190 Stuttgart. Das Jahresabonnement kostet 24 Euro. Internet: www.geistesleben.com oder www.urachhaus.de

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