© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/09 06. November 2009

Frisch gepresst

Freiheitliches. Detmar Doering, Jahrgang 1957, leitet das Liberale Institut der Friedrich-Naumann-Stiftung in Potsdam. Er hat viel geschrieben, etwa ein „Kleines Lesebuch Freihandel“ oder eine Streitschrift gegen den „Mythos Manchestertum“. Daß er Mitglied der radikal-liberalen Mont Pèlerin Society ist, ist im Kontext solcher bibliographischen Kostproben kaum noch erwähnenswert. Entsprechend richtet sich sein jüngstes, von Kritikern wohl als klassisch „neoliberal“ empfundenes Plädoyer gegen den Umverteilungsfuror des „Wohlfahrtsstaates“ (siehe auch Norbert Bolz „Diskurs über die Ungleichheit“ auf Seite 15) zu Lasten der Leistungsbereiten. Einiges erinnert an die aktuelle Debatte um die Thesen Peter Sloterdijks, mehr noch bedient sich der Verfasser beim Altmeister Hayek und dem Sozialphilosophen Wolfgang Kersting, der vor zehn Jahren gegen die vermeintliche „Daseinswattierung“ zu Felde zog, mit der ein „leviathanischer Sozialstaat“ das Individuum zwangsbeglücke und ihm seine „Eigenverantwortlichkeitsrisiken“ abnehme. Etwas originelleres Profil gewinnt Doerings Text mit der Frage, ob sich die „freie Gesellschaft“ europäischer „Einwanderungsländer“ mit dem theokratisch-totalitären Islam vertrage. Gestützt auf Henryk M. Broder wagt Doering die Frage zu verneinen (Traktat über Freiheit. Olzog Verlag, München 2009, gebunden, 288 Seiten, 24,90 Euro).

 

Nationalsozialismus. Nur gut hundert großzügig bedruckte Seiten benötigt der Journalist und Historiker Volker Koop (Jahrgang 1945), um seinen Lesern eine Dosis „Nationalsozialismus leichtgemacht“ zu verabfolgen. Ein derartig eiliger Durchmarsch durch „1.000 Jahre“ deutscher Geschichte hinterläßt nahezu gesetzmäßig peinliche Schleifspuren. Das reicht von den nun plötzlich wieder „über drei Millionen Toten“ in Auschwitz bis zu der generösen Unterstellung, die deutschen Postboten hätten vom Holocaust gewußt, weil sie jüdischen Bürgern die Anweisung zur Deportation auf offenen Postkarten zustellten. Überhaupt hätten sich „die Deutschen“ zu „einem großen Teil“ an der „millionenfachen Ermordung von Juden beteiligt“. Zusätzliche Schuld trügen sie, weil sie hätten wissen müssen: „Die Nationalsozialisten wollten die Welt erobern ...“ Daß der Zweite Weltkrieg auf zehn Seiten abgehakt wird, ohne Kriegsursachenanalyse, ohne die Erwähnung des alliierten Bombenterrors oder von Flucht und Vertreibung der Ostdeutschen, paßt ins verquaste Geschichtsbild eines Büchleins, das schon im Untertitel nicht nur sprachlich verunglückt, sondern den Leser auch frech hinters Licht führt (Nationalsozialismus. Wissen, was stimmt. Herder Verlag, Freiburg 2009, broschiert, 128 Seiten, Abbildungen, 8,95 Euro).

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