© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  46/09 06. November 2009

Mini-Königreich
Ende einer Ära
Volker König

Das Werden und Vergehen von Staaten fasziniert manche Menschen derart, daß sie bisweilen ihre eigene „Nation“ ausrufen. Eine solche Kuriosität befindet sich auch auf niedersächsischem Boden: das „Königreich Romkerhall“. Es beschränkt sich auf einen Hotelkomplex, der ursprünglich als Jagdschloß des letzten hannoverschen Königs diente. Bei der niedersächsischen Gebietsreform wurde Romkerhall durch Versäumnisse keiner Kommune zugeordnet. Der neue Besitzer namens Walter Lechner, der sich den Titel eines Barons erworben hatte, nutzte 1988 die Gelegenheit, hier das „kleinste Königreich der Welt“ auszurufen. Mit Prinzessin Erina von Sachsen, dem Paradiesvogel der Wettiner, fand sich gar eine Adlige, die sich als Königin proklamieren ließ. So entstand eine clevere Vermarktungsidee. Gäste konnten in neobarock hergerichteten Zimmern logieren und im Festsaal dinieren, Pässe, Briefmarken und Fähnchen in den blau-weiß-grünen „Landesfarben“ wurden feilgeboten. Doch im Laufe der Jahre verblich der Attraktionswert des Königreiches. Seine Zukunft ist ungewisser denn je. Im November soll das Hotel geschlossen werden. Man munkelt, die neuen Inhaber der Immobilie seien orientalische Geldmagnaten. Vielleicht wird ja am Ende aus dem kleinsten Königreich der Welt das kleinste Scheichtum?

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