© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  48/09 20. November 2009

WIRTSCHAFT
Ende eines Anachronismus
Michael Vaupel

Geht es nach dem neuen Minister Dirk Niebel (FDP), dann stellt Deutschland seine Entwicklungshilfe für China ein. Vor drei Jahren wurden noch 68 Millionen Euro ins Reich der Mitte überwiesen. Damals rechtfertigte die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die tendenziell rückläufigen Zahlungen damit, es handle „sich vor allem um Beratungsleistungen und die Förderungen von Pilotvorhaben, die Anreize für eine weitere und intensivere Zusammenarbeit mit deutschen Unternehmen schaffen“. Doch schon damals gehörte die Volksrepublik mit über 800 Milliarden US-Dollar zu den Ländern mit den weltweit höchsten Devisenreserven. Trotz Weltwirtschaftskrise erzielt das 1,3-Milliarden-Einwohner-Land im Handel mit den USA und Europa Handelsbilanzüberschüsse im Milliardenbereich.

Diese Gelder werden zu einem großen Teil in US-Staatsanleihen anlegt, um durch Zinseinnahmen einen Teil der Abwertungsverluste auszugleichen. Lukrative Exportgüter haben die deindustrialisierten USA kaum zu bieten. Mit einem weiteren Teil der hohen Handelsgewinne bezahlt China seinen Technologie-, Energie- und Rohstoffbedarf im Ausland. Die chinesischen Devisenreserven haben inzwischen diejenigen Japans übertroffen – sie sind auf über zwei Billionen Dollar angewachsen. Es wird weiter mit einem Wirtschaftswachstum von sechs bis zehn Prozent gerechnet. Daß dennoch etwa 800 Millionen Bürger Chinas in Armut leben, ist sicher nicht der gesunkenen Entwicklungshilfe geschuldet. Die öffentliche Hand in Deutschland ist inzwischen mit über 1,6 Billionen Euro verschuldet – Tendenz steigend. Deutsche Entwicklungshilfe für China – ein Anachronismus, dessen Ende überfällig ist.

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