© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  49/09 27. November 2009

Carrie Prejean: Eine Schönheitskönigin setzt Zeichen
Blond, aber nicht blöd
Tim König

Teilnehmerinnen von Schönheitswettbewerben müssen in der Regel schwere Hürden überwinden: im Abendkleid über die Bühne gleiten, im Bikini eine gute Figur machen und in der Fragerunde mit Antworten darüber glänzen, daß sie sich irgendwie für den Weltfrieden einsetzen wollen. Die Siegerin darf sich ein Jahr lang im medialen Rampenlicht sonnen, vielleicht auch einmal in einem Werbespot einen Fruchtjoghurt preisen. Selten erlebt man jedoch, daß es der Auserwählten gelingt, eine Karriere jenseits dick aufgetragener Make-up-Schichten aufzubauen.

Ein Sturm der Entrüstung in den liberalen US-Medien

Carrie Prejean, 22jährige Schönheitsblondine aus Kalifornien, macht hier die Ausnahme. Obwohl ihr nur der zweite Platz im bundesweiten Wettbewerb „Miss USA 2009“ vergönnt war, bestimmt sie landesweit die Schlagzeilen. Auf ihre skandalträchtige Disqualifizierung folgte nicht nur ein Streit um die Kosten der Brustimplantate, die Donald Trumps „Miss USA“-Veranstalterorganisation gezahlt hatte.

Aber der Reihe nach: Hätte am 19. April, während des „Miss USA“-Wettbewerbs der Zufall nicht nachgeholfen – die Welt hätte nie von Carrie gehört. Denn der Zufall will es, daß Prejean ausgerechnet den bekennenden Homosexuellen und kontroversen Starblogger Perez Hilton als fragestellenden Juror zugewiesen bekommt. Prejean, geprägt durch ein stark evangelikales Elternhaus, gelingt es anfangs noch geschickt die von ihr erwartete politisch korrekte Antwort zu umsegeln. Als sie jedoch betont, daß man in ihrer Familie denke, die Ehe sei für einen Mann und eine Frau bestimmt, ist ihr Schicksal besiegelt. Es folgt ein Sturm der Entrüstung in den liberalen US-Medien. Dem daraus resultierenden Druck müssen sich die Veranstalter schließlich beugen, und Prejean wird  wegen angeblichen Vertragsbruchs aufgrund von Bildern disqualifiziert, auf denen ihr Rücken zu sehen sei.

Wer nun denkt, Prejean sei deswegen im medialen Niemandsland verschwunden, hat sich getäuscht. Für ihre Bekanntheit hatte der Rauswurf aus dem Wettbewerb eine Katalysatorfunktion. Nachrichtensendungen landauf, landab berichteten über den „Homophobie-Skandal“.

Hilton bloggte gegen die seines Erachtens hinterwäldlerischen Anschauungen Prejeans. Talkmeister Jimmy Kimmel sagte ihr maximal eine Karriere in Reality-TV-Shows oder als Klatschreporterin voraus. Und immer dann, wenn sich die medialen Wellen zu legen schienen, lieferte ein neuer „Skandal“ die nächste Folge der Seifenoper. Mal waren es die Halbnacktbilder, dann soll Prejean als 17jährige angeblich nackt in einem Video für ihren damaligen Freund posiert haben. Gleichzeitig wurde ausführlichst über die gerichtliche Fehde mit Trumps Mißwahl-Organisation berichtet. 

Das Ende der Geschichte? Der außergerichtlichen Einigung zufolge muß Prejean die 5.200 Dollar für ihre Operation nicht zurückzahlen, erhält dafür aber auch nicht die Million Dollar Entschädigung, auf die sie im Gegenzug geklagt hatte. Den finanziellen Verlust versucht sie nun mit ihrem Buch „Still Standing“ (Untertitel: „Die Geschichte meines Kampfes gegen Klatsch, Haß und politische Angriffe“, Regnery Publi­shing) auszugleichen.

Daß Prejean nicht so schnell aus dem Scheinwerferlicht verschwunden ist, hat sie paradoxerweise ebenjener konservativen Lebenseinstellung zu verdanken. Denn in der vorwiegend liberalen US-Unterhaltungsindustrie bietet diese genügend Zündstoff für heiße Diskussionen, da die Blondine mit ihren Ansichten quer zum politisch korrekten Mainstream steht.

Genau darauf hatte auch der Altmeister der Talkshow-Industrie, Larry King, gehofft, als Prejean auf ihrer Buch-Promotion-Tour im November bei ihm in der Sendung auftrat. Derartige Interviews funktionieren in der Regel wie folgt: Der Gast gibt in der Sendung etwas Privates von sich preis, und im Gegenzug darf er sein Buch in die Kamera halten, das dann Millionen von Zuschauern sehen.

Doch statt eines Interviews kam es zum Eklat, als Prejean schon auf Kings simple Frage nach dem Grund für die außergerichtliche Einigung erwiderte, es sei „unanständig“, diese Frage überhaupt zu stellen. Schließlich nahm sie vor laufender Kamera ihr Mikrofon ab und verweigerte weitere Antworten.

Für eine erst 22jährige Ex-US-Schönheitskönigin, die mit derartigen Anfeindungen zu kämpfen hat, eine beachtliche Leistung, sich auf diese Weise dem öffentlichen Druck und medialen Mainstream entgegenzustemmen und für ihre Ideale einzustehen!

Foto: Carrie Prejean: Die Miss California 2009 kann nicht nur lächeln

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