© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  50/09 04. Dezember 2009

WIRTSCHAFT
Der dauerhafte Solidaritätszuschlag
Jens Jessen

Das Niedersächsische Finanzgericht hält den Solidaritätszuschlag für verfassungswidrig, da er nicht „vorübergehend“ erhoben wird. Der auch für den Aufbau Ost zuständige Innenminister Thomas de Maizière erklärte für die Bundesregierung, die 1991 erstmals für ein Jahr als Ergänzung zur Einkommen- und Körperschaftssteuer erhobene Abgabe stehe „bis 2019 nicht zur Disposition“. 1995 wurde der „Soli“ in Höhe von 7,5 Prozent wieder eingeführt, 1998 wurde er auf 5,5 Prozent gesenkt. Das Grundgesetz erlaubt eine Ergänzungsabgabe, jedoch nur zur Deckung vorübergehender Bedarfsspitzen. Nun soll sich das Bundesverfassungsgericht mit der Materie befassen. Selbst wenn es zu demselben Schluß wie die Hannoveraner Richter kommt, wird Karlsruhe eine Frist zur Änderung einräumen. Erst mit einem der Verfassung entsprechenden Gesetz käme die steuerliche Sonderabgabe zu Fall.

Die Folge wäre eine Finanzierungslücke im Bundeshaushalt von schätzungsweise 13 Milliarden Euro jährlich. Für die schwarz-gelbe Bundesregierung könnte das einen wunderbaren Vorwand abgeben, die versprochene Steuersenkung zu stornieren und die derzeitigen Steuern sogar zu erhöhen. Ein einleuchtendes Argument wäre der Hinweis darauf, daß die Zunahme der Schulden gebremst und der Schuldenberg verkleinert werden muß, um mittelfristig den Vorgaben der EU zu entsprechen und wieder handlungsfähig zu werden. Entfällt der Solidaritätszuschlag, könnte auch das alberne Vorurteil der Steuerzahler im Westen entfallen, Mitteldeutschland lebe auf Kosten des Westens. Alle Steuerzahler – hier wie dort – zahlen die Zusatzabgabe, die im allgemeinen Haushaltstopf landet. Und alle Steuerzahler werden vergebens auf eine Rückzahlung des Solidaritätszuschlags warten.

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