© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/09 11. Dezember 2009

Zeitschriftenkritik: Hamburger Nachrichten
Qualität seit 336 Jahren
Werner Olles

Was für eine Tradition! Gegründet 1792, 1814 vereinigt mit dem 1673 gegründeten Relations-Courier, der ältesten Zeitung Hamburgs, und 1934 vereinigt mit dem 1731 gegründeten Hamburgischen Correspondenten erscheinen die von Gerhard Helzel in unregelmäßigen Abständen neu herausgegebenen und redigierten Hamburger Nachrichten nunmehr bereits im 218. (336.) Jahrgang. Vor dem Zweiten Weltkrieg erschien die Zeitung das letzte Mal am 9. März 1939, dann erfolgte das Verbot durch die Nationalsozialisten. Sozusagen als Schlußwort lasen die völlig erstaunten Leser an jenem „schwarzen Donnerstag“ den letzten „unfrohen, aber damals verlangten“ Satz des seinerzeitigen Hauptschriftleiters Fritz Roßberg, man werde nun einmünden in die Bewegung, „die der Führer schuf“. Statt der Hamburger Nachrichten erschien nun die NSDAP-Gauzeitung Hamburger Tageblatt.

Die Partei ließ sogar das große Verlagshaus der Hamburger Nachrichten am Speersort abreißen. Ein Stück Hamburger (Zeitungs-)Geschichte war damit praktisch verschwunden. Erst 1998 gelang es Gerhard Helzel dann wieder, die erste Nachkriegsauflage der Zeitung neu herauszugeben. Zwar erscheint sie nun nicht mehr täglich, sondern nur noch alle paar Monate, aber erstmals auf allen zwölf Seiten in Farbe und in der gewohnten Gutenberg-Frakturschrift. Allein das macht diese Zeitung bereits zu einer absoluten Okkasion im deutschen Blätterwald.

Inhaltlich beschäftigen sich die Hamburger Nachrichten, deren Beiträge in der Regel von Hauptschriftleiter Helzel stammen, mit einem breiten Themenspektrum aus Politik, Kunst, Musik und Neuigkeiten aus der Hansestadt, wobei das Feuilleton mit vier Seiten den größten Raum einnimmt. So berichtet der Leitartikel der aktuellen Ausgabe über die zunehmende Staatsverschuldung und die Überalterung des deutschen Volkes, die der Autor zu Recht als „Hauptproblem für die Zukunft“ ansieht. Neben einem Rückblick auf die jahrhundertealte Geschichte der Zeitung befaßt sich ein weiterer Beitrag des Herausgebers mit der deutschlandweit in die Schlagzeilen geratenen „Hamburger Schulreform“, mit der die dortige GAL/CDU-Koalition den Eltern ihre links-grün ideologisch gefärbte „Einheitsschule für alle“ aufzwingen will und mit dieser Zumutung einen „Schulkampf“ anfachte, der ihr wohl noch einiges Kopfzerbrechen bereiten wird.

Generell scheuen die Hamburger Nachrichten politisch unkorrekte Themen nicht: Egal ob es um die grausame Tierquälerei des islamischen Schächtens geht, über das etablierte Medien trotz zahlreicher Zuschauer- und Leserbeschwerden nur ungern oder gar nicht berichten, die als „Nazischrift“ verteufelte Fraktur- und deutsche Schreibschrift, die tatsächlich 1941 von den Nationalsozialisten per Erlaß verboten wurden und seitdem aus den Schulbüchern verschwunden sind, oder die Diffamierung heutiger klassizistischer Kunst als „kitschig“. Ein Grund mehr für potentielle Sponsoren und Anzeigenkunden, diese interessante Zeitung nicht im Stich zu lassen.

Anschrift: Dipl-Ing. Gerhard Helzel. Timm-Kröger-Weg 15, 22335 Hamburg. Das Einzelheft kostet 2 Euro. Internet: www.fraktur.biz/hn.htm

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen