© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  51/09 11. Dezember 2009

Meister der Fragepause
Kabarettist Rolf Miller mit neuem Programm auf Tour
Werner Veith

Gegen den Klimawandel protestiert der Kabarettist Rolf Miller in seinem neuen Programm „Tatsachen“ nicht: „Dann muß ich im März nicht mehr Schnee räumen. Sparlampe? Mit der geht die Welt halt nicht in 5.000 Jahren unter, sondern zwei Wochen später. Und wenn Holland geflutet wird?“ fragt der 42jährige in das Publikum der Kleinkunstbühne „Bockshorn“ in Würzburg und läßt sich Zeit mit der Antwort, windet sich auf dem Stuhl, Sekunde um Sekunde vergehen, bis er plötzlich rausschreit: „… sind wir im Halbfinale“.

Miller ist ein Meister des Schweigens, ein Meister der Fragepause. Mit wenigen Worten, oft nur Wortfetzen, bringt er die Gehirnzellen der Zuschauer in Wallung. Er erzählt vom Schüleraustausch seines Sohnes: „Französisch – wo kann man das brauchen?“ oder beschimpft heutige Amtsträger als Luftpuppen, Zipfelgesichter und Kronleuchter, um dann den Mythos anzurufen: „Helmut Schmidt – das war noch ein Politiker“.

Miller hätte auch Bürgermeister werden können oder leitender Beamter. Zumindest verkündet die Hochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, daß ihre Absolventen für diese Aufgaben qualifiziert sind. Miller hat dort erfolgreich studiert.

Inzwischen zelebriert er das Kontrastprogramm zu einem vorbildhaften Beamten. Er duzt die Leute, erläutert nichts und verwechselt viele Dinge. Er spricht von der Irreführung falscher Tatsachen; von einer Frau, die zu wahr ist, um schön zu sein; daß es nicht immer schön ist, mit Geld Sex zu verdienen; von der Krise, die an die Wand gefahren wurde; vom Studieren, das für ihn als Tabu nicht in Frage kommt; von der Erinnerung, die du nicht vergißt. Wenn er sich erinnert, sagt er: „Ich hab‘ gedenkt“, sein Dialekt ist angesiedelt im Odenwald, genau in der Mitte zwischen Würzburg und Heidelberg, eine Mischung aus Nordbadisch und Westfränkisch.

Gewiß kann man Rolf Miller als Stammtischrabauken abtun. Als einen, der nur halbgare Urteile ablaicht. Doch immer wieder blitzt Bauernschläue auf: Je weniger Zuschauer, desto höher der Zuschuß für den Film; je mehr Westerwelle im Fernsehen, um so weniger kann er sich mit Politik aufhalten.

Rolf Miller ist zu erleben in Mainz (11./ 12./13. Dezember), Mannheim (16. Dezember), München (17./18. Januar 2010) und Stuttgart (12./13. März 2010). Weitere Termine unter www.rolfmiller.de.

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