© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  01/10 01. Januar 2010

WIRTSCHAFT
Die Angst vor zuviel Freiheit
Klaus Peter Krause

Geängstigt haben sich die Menschen schon immer vor allem möglichen. Den Deutschen gar wird nachgesagt, geradezu Angsthasen zu sein. Besonders tun sie sich auch mit der Angst vor dem Aufbruch zu wirklichen Reformen hervor. Sie haben einfach zuviel Angst vor dem Risiko. Das ist jene Angst, die der Feind der Freiheit ist. Vor zuviel Freiheit scheinen die Deutschen ohnehin Angst zu haben, denn sonst müßten sie sich für wirkliche Reformen gewinnen lassen, die mehr Freiheit bescheren würden. Aber Reformversuche, die wieder mehr Freiheit bringen sollen, machen ihnen stets sofort Angst. Prompt werden sie angegriffen, zerpflückt, über Ausschüsse, Gutachten oder Kommissionen aufs Abstellgleis geschoben, verwässert, blockiert. Deshalb wird (und will) die neue Koalition im Bund nichts zustande bringen, was den Namen Reform wirklich verdient – aus Angst vor der Angst ihrer Bürger.

Der Angst entspringt die Sehnsucht nach Sicherheit. Das nutzen politische Führer und Parteien zum Wählerfang. Denn zu viele Menschen suchen für ihre Sicherheit nicht Selbstverantwortung, Selbsthilfe und Selbstvorsorge, sondern allumfassende Behütung durch den Staat. Mit Eingriffen in Wettbewerb und Marktgeschehen, mit immer mehr Gesetzen, immer mehr staatlicher Regulierung, immer mehr Überwachung und Kontrolle – trotz aller schönen Datenschutzbekundungen – wird sie ihnen beschert. Mehr Staat bedeutet weniger Freiheit. Das gilt auch für den Schutz vor Gefahren wie Krankheit, Altersarmut und Arbeitslosigkeit. Vor die Wahl gestellt, mehr Sicherheit oder mehr Freiheit zu wollen, entscheiden sich die meisten für mehr Sicherheit. Und diese suchen sie beim Staat. Davon, daß die Menschen Angst haben und für alles Sicherheit wollen, lebt die Politik.

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