© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  01/10 01. Januar 2010

Frisch gepresst

Georg Elser. Kontrafaktische Geschichtsspekulation, wie sie Sebastian Haffner liebte: Wäre Adolf Hitler zwei Monate nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges ermordet worden – ein Platz in den Annalen neben dem Alten Fritz und Bismarck als unvergleichlicher Mehrer des Reiches wäre ihm sicher gewesen. Eine solche Wegscheide deutscher Geschichte wurde am 8. November 1939 tatsächlich erreicht, als im Münchner Bürgerbräukeller eine Bombe hochging. Wenige Minuten, nachdem dort Adolf Hitler seine traditionelle Ansprache zum Gedenken an den „Marsch zur Feldherrnhalle“, den NS-Putsch vom 9. November 1923, vorzeitig beendete, explodierte die „Höllenmaschine“ des „schwäbischen Tüftlers“ Georg Elser. Acht Unbeteiligte fanden den Tod, 63 wurden zum Teil schwer verletzt, das eigentliche Zielobjekt des Eigenbrötlers hingegen war schon wieder auf der Rückreise nach Berlin. Ulrich Renz’ schmale Biographie präsentiert Elser als „Einen Meister der Tat“ (DRW Verlag Weinbrenner, Leinfelden-Echterdingen 2009, broschiert, 124 Seiten, Abbildungen, 12,90 Euro). Einmal abgesehen davon, daß dem Möbelschreiner gerade bei diesem Fehlschlag eine meisterliche Vollendung mißlang, baut Renz seinen Helden arg unkritisch als Lichtgestalt auf. Er orientiert sich dabei an den beiden Historikern und Volkspädagogen Peter Steinbach und Johannes Tuchel, die als vermeintliche Elser-Experten auch vor ordinären Denunziationen nicht zurückschreckten, um reflektiertere Deutungen des Attentats wie die von Lothar Fritze (TU Chemnitz) unter „Apologie“-Verdacht zu stellen.

Quanten. Die Zahl der Bücher ist Legion, die versprechen, auch notorische Mathe-Muffel und Schulversager in den Naturwissenschaften in die Geheimnisse der modernen Physik einzuweihen: Albert Einstein für Anfänger, für „Dummies“, „für alle“ und wie die einladenden Titeleien sonst noch lauten. Auch das nun ins Deutsche übersetzte Werk des Wissenschaftshistorikers Manjit Kumar (London) ist inzwischen vielfach mit dem Rezensentenlob bedacht worden, es vermittle die Ursprungsgeschichte der Quantentheorie in einer für Laien verständlichen Form (Quanten. Einstein, Bohr und die große Debatte über das Wesen der Wirklichkeit. Berlin Verlag, Berlin 2009, gebunden, 540 Seiten, Abbildungen, 28 Euro). Das ist falsch. Kumar bemüht sich zwar in typisch angelsächsischer Manier um auflockernd Privates, „allzu Menschliches“ aus dem Leben der „Ingenieure des Weltalls“, versucht auch, den zeithistorischen Kontext durchscheinen zu lassen, setzt aber studiumreifes physikalisches Wissen eher voraus, als daß er auf die Unbeschlagenheit der meisten seiner erwartungsvollen Leser Rücksicht nimmt.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen