© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/10 08. Januar 2010

Aufgeschnappt
Gewirbelt und gewurzelt
Matthias Bäkermann

Das Gebiet von Nordrhein-Westfalen erfuhr in der Vergangenheit immer wieder demographischen Zufluß aus dem Osten. Da waren die während der Industrialisierung an die Ruhr strebenden Polen – oft aus der preußischen Provinz Posen –, die den Anteil der Rogallas und Kowalskis unter den Kumpeln erhöhten. Entscheidender waren aber natürlich die infolge von Flucht und Vertreibung nach 1945 in das spätere Bundesland strömenden 2,5 Millionen Ostdeutschen, denen nach 1950 bis heute noch weitere 300.000 Landsleute – vorwiegend aus Oberschlesien – als sogenannte Spätaussiedler folgten.

Auf der offiziellen Netzseite des vom CDU-Politiker Andreas Krautscheid geführten NRW-Ministeriums für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien (www.mbem.nrw.de) wird das alles ein bißchen durcheinandergewirbelt. Eine „Einwanderung polnischer Familien“ wird sogar als Beleg für die besonderen, „historisch begründeten“ Beziehungen Nord­rhein-Westfalens zu Polen angeführt. Zu den in der „Kohle und Stahlindustrie Beschäftigten“ kamen nämlich auch „Menschen, die ihre polnische Heimat nach 1945 verlassen und an Rhein und Ruhr eine neue Heimat gefunden haben. Sie haben beim Wiederaufbau des Landes erheblich mitgeholfen“. Das multikulturelle Happy End ließ dann auch nicht lange auf sich warten, denn „mit der Zeit verschmolzen die Kulturen, ohne daß die Wurzeln vergessen wurden. (...) Vor diesem Hintergrund wird der Pflege der freundschaftlichen Beziehungen zu Polen eine hohe Bedeutung beigemessen“, erklärt das Ministerium und mahnt „kulturellen Austausch“ zur Förderung von „Verständigung zwischen Polen und Deutschen“ an.

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