© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  02/10 08. Januar 2010

Meldungen

Auch üble Chauvinisten schreiben gutes Deutsch

GÖTTINGEN. Im Mai 2009 wartete Volker Weidermann in der FAS mit der „Entdeckung“ auf, daß Elisabeth Frenzel, Verfasserin eines vielbenutzten Handbüchleins zu „Daten deutscher Dichtung“, ihre theaterhistorische Promotion 1938 der „Gestalt des Juden“ gewidmet habe. Der Deutsche Taschenbuch Verlag (dtv) belohnte Weidermanns Sykophantentum umgehend damit, Frenzels Werk aus dem Handel zu nehmen (JF 22/09). Dieser satte bewältigungspolitische Erfolg stachelte Brigitte Schöning, Germanistin in Osnabrück, offenbar an, es Weidermann gleichzutun. Dabei geriet ihr Ludwig Reiners’ „Stilfibel“ ins Visier – seit langem im dtv-Programm. Reiners’ Anleitung zu gutem Deutsch enthalte „das Gedankengut des Wilhelminismus und der Nazizeit“. Für letztere vermag Schöning aber keine wirklich knackigen Zitate beizubringen, und für die Kaiserzeit muß ihre ulkige Einschätzung der beiden Historiker Heinrich von Treitschke und Erich Marcks herhalten: „üble Chauvinisten“, „Kriegshetzer“, „Anti-Parlamentaristen“ (Geschichte der Germanistik. Mitteilungen, 35-36/09) – aber ebenso vorzügliche Stilisten. Übertroffen wurden sie freilich von Otto von Bismarck, Reiners’ wichtigstem Gewährsmann, an dem Schöning unverzeihlicherweise keinen Anstoß nimmt.

 

Krankheitsgeschichte des Malers Emil Nolde

HEIDE. Bei Künstlern gerät die Krankheit nicht selten zum Motor außergewöhnlicher Leistungen. Bei dem nordschleswigschen Bauernsohn Emil Nolde (1867–1956), von „stabiler Konstitution“, sei es hingegen auffällig anders gewesen, wie Manfred Reuthers „Krankenreport“ über den Maler berichtet (Nordelbingen, 78/2009). Von schweren gesundheitlichen Sorgen, die einen „Haß“ auf unfähige Ärzte schürten, sei der Künstler zunächst nur durch die lange, lebensgefährliche Krankheit seiner Frau Ada geplagt worden. Er selbst geriet zweimal an den Rand des Todes: 1914 während einer Südsee-Reise und nach 1933 unter dem Druck des NS-Malverbots, das einen Magenkrebs beförderte. Sein vermeintlicher Retter, Ferdinand Sauerbruch in Berlin, erwies sich als allürenhaft und unfähig. „Angewidert“ begab sich Nolde in die Hände eines zupackenden Hamburger Chirurgen, der an ihm „das Wunder vollbrachte“. Im Unterschied zu vielen Dichtern und Malern des Expressionismus hätten aber Leid und Schmerz bei Nolde nicht den geringsten Niederschlag im Werk gefunden.  

 

Erste Sätze

Paul Ehrenfest war in Tränen aufgelöst.

Manjit Kumar: Quanten. Einstein, Bohr und die große Debatte über das Wesen der Wirklichkeit, Berlin 2009.

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