© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  03/10 15. Januar 2010

Leserbriefe

Zu: „Ein Vorschlag in letzter Minute“ von Werner Becker, JF 1/10

Stiftung behandelt eine deutsche Angelegenheit!

Die Hartnäckigkeit, mit der die FDP und auch Teile der CDU versuchen, Frau Steinbach aus dem Spiel zu drängen, zeigt uns zum wiederholten Male, daß der Schuldkult bei uns Staatsräson ist, die Schuldverflechtung anderer Länder nicht zählt, die eigenen Opfer nur stören und Versöhnung nur in einer einseitigen Nachgabe Ausdruck findet. Das führt bei unseren Nachbarn und darüber hinaus zu der Ermutigung, ihre Lebenslügen und Vorteil bringenden Interessen zu pflegen. Da es bei uns leider Praxis geworden ist, als Sachwalter auswärtiger Interessen aufzutreten und diese gegen das eigene Land in Stellung zu bringen, haben sie leichtes Spiel.

Es darf nicht in Vergessenheit geraten, daß es sich bei der Vertreibung um ein Menschen- und Völkerrechtsverbrechen handelt und den Vertriebenen das elementare Recht zusteht, ihrem Schicksal eine angemessene Erinnerung einzuräumen. Schließlich und endlich behandelt die Stiftung eine deutsche und keine deutsch-polnische Angelegenheit, und es ist eine Schande, daß sich außer der CSU keine demokratische Partei mehr diesem Anliegen verpflichtet fühlt.

Prof. Dr. h. c. Konrad Zimmer, Königsberg i. Fr.

 

 

Zu: „Mut zur Differenz“ von Karlheinz Weißmann, JF 2/10

Viele Köche verderben den Brei

Als Hochschullehrer stimme ich Weißmanns Analyse weitestgehend zu. Ergänzt sei nur zweierlei. Richtig ist zunächst, daß es talentierte Schüler aus ärmeren Familien heute schwerer haben, sich durchzusetzen, als noch in den sechziger und siebziger Jahren. Sie sind nämlich an den Gymnasien umstellt von inkompetenten Bürgerskindern samt deren elterlichen Nachhilfeapparaten und Beeinflussungsstrategien. Früher wurden Minderleister noch ziemlich ohne Ansehen der Herkunft aussortiert oder an die Internate durchgereicht.

Zum zweiten greift im Rahmen des Bologna-Prozesses dieselbe Kakophonie von Bildungspopulisten aus 16 Bundesländern, von der in den letzten drei Jahrzehnten das deutsche Schulwesen gründlich ruiniert wurde, inzwischen auch auf die Hochschulen zu – mit schädigenden Folgen, die zum Glück allmählich ins öffentliche Bewußtsein rücken.

Dr. Elmar Schmidt, Bad Schönborn

 

 

Zu: „‘Die Abwracker’“, Interview mit Hans-Olaf Henkel, JF 2/10

Wasser in den Wein

Ich habe einige Bücher von Hans-Olaf Henkel gelesen, und ich bin schon der Meinung, daß er einige sehr vernünftige Ansichten hat. Von vielen Dingen versteht er auch mehr als der Verwaltungsklüngel, von dem wir seit längerer Zeit regiert werden. Leider setzt er sich in seinem neuen Buch aber auch für die „Affirmative Action“ ein, eine Maßnahme, mit der in den USA Farbige vor Weißen bevorzugt werden. Man hat drüben schon einige sehr unangenehme Erfahrungen mit der Inkompetenz der so Bevorzugten gemacht und diese Maßnahme dann weitgehend eingeschränkt. Sollen wir diese Erfahrungen jetzt auch hier noch einmal durchmachen?

Übrigens setzt sich Henkel bereits seit längerem für den Beitritt der Türkei zur EU ein. Man kann also irgendwie erleichtert sein, daß der Mann – trotz seiner sonst brillanten Einsichten – kein politisches Amt übernehmen will.

Klaus-Peter Kubiak, Recklinghausen

 

 

Zu: „Helmut Matthies soll abschwören“ von Christian Vollradt, JF 2/10

Auf den Verstand vertrauen

In Teilen der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) setzt sich offensichtlich die unheilige Tradition des Thüringer Landesbischofs Moritz Mitzenheim (1945–1970) in Person von Oberkirchenrat Christhard Wagner fort. Aber so wie die Reichskirche ihren Gegenpart in der Bekennenden Kirche bekam, die Kollaborateure des SED-Regimes einen Pastor Führer und die Friedensbewegung nicht verhindern konnten, so sehr vertraue ich auch hier auf Stimmen des Verstands in der EKM als Gegengewicht zu den systemkonformen „Gutmenschen“. Ansonsten gilt: Was kümmert es die deutsche Eiche ...

Dr. Marius Radtke, Berlin

 

 

Zu: „Antifaschistische Werte im Gottesdienst“ von Ekkehard Schultz, JF 1/10

Das ist Aufgabe der Kirche!

Allein diese unsägliche Wortwahl einer Bundesarbeitsgemeinschaft „Kirche für Demokratie – gegen Rechtsextremismus“ ist ein Konstrukt, das darauf hindeutet, daß der wahrhaftige, ureigentliche Sinn der Kirche nicht mehr begriffen wird: nämlich die unterschiedslose, der Lehre Jesu Christi verpflichtete, tätige Verbreitung und Festigung seiner Glaubensbotschaft. Das ist Aufgabe der Kirche an jedem einzelnen Menschen, der guten Willens ist. Es ist die Aufgabe der Kirchenleute, sich um jede einzelne Seele zu kümmern, dafür zu kämpfen. Aber solche Politmätzchen wie das geplante antifaschistische Getue sind der absolut falsche Weg.

Die Menschen unserer Zeit suchen verstärkt nach Orientierung, die ihnen Halt gibt, die bei Bewältigung ihrer persönlichen, familiären Probleme hilft. Sie müßten das in der Kirche finden, aber da treffen sie dann auch wieder auf denselben Zeitgeist, den sie draußen ja schon haben und dem sie eher entfliehen wollen.

Ich bin sicher, daß die meisten Austritte nicht aufgrund der Kirchensteuer erfolgen, sondern weil man den Sinn nicht mehr erkennen kann. Die jedes Jahr steigende Spendenfreudigkeit anderswohin und das starke Wachstum der Freikirchen belegen eher eine andere Einstellung.

Helmut Großmann, Vaterstetten

 

 

Zu: „Eine geschichtspolitische Zäsur“ von Thorsten Hinz, JF 1/10

Was zur Wahrheit dazugehört

Volle Zustimmung zu diesem Beitrag. Es ist wirklich höchste Zeit für eine kritische Betrachtung der berühmt-berüchtigten Rede Richard von Weizsäckers vom 8. Mai 1985, in der er forderte, sich „nüchtern“ und „ohne Einseitigkeit“ auf die „geschichtliche Wahrheit“ zu beziehen. Aber zu den geschichtlichen Wahrheiten gehört neben dem entsetzlichen Massenmord unter anderem an den Juden eben auch, daß man die Vorgeschichte des Zweiten Weltkriegs nicht mit dem 30. Januar 1933 beginnen läßt, sondern mit dem Versailler Diktat von 1919.

Es gehört auch dazu, daß die überwiegende Mehrheit des deutschen Volks den Krieg 1939 nicht gewollt hat. Die „nüchterne“ Betrachtung der Kriegsursachen ergibt, daß der Krieg viele Väter hatte. Und Verbrechen wurden auch von den Feindstaaten begangen, ohne daß es dafür Kriegsverbrecherprozesse und eine „Aufarbeitung“ der Geschichte gegeben hätte. Das ist „die geschichtliche Wahrheit“.

Bei seiner „nüchternen“ Betrachtung „ohne Einseitigkeit“ will Weizsäcker nicht wahrhaben, daß die bedingungslose Kapitulation am 8. Mai 1945 keine „Befreiung“, sondern den Terror der Siegermächte brachte, dem Millionen Unschuldiger zum Opfer fielen, und zwar nicht nur durch die Rote Armee. „Deutschland wird nicht besetzt werden zum Zweck der Befreiung, sondern als eine besiegte Feindnation“, heißt es in der Direktive ICS 1067 der US-Besatzungsmacht.

Ernst H. Kratzsch, Rosengarten

 

 

Zu: „Parteien, Verbände, Personen“, JF 1/10

Trennendes zurückstellen!

Manchmal sind es die kleinen Meldungen, die für großes Kopfschütteln sorgen; hier die über die Republikaner. Welcher Teufel reitet Rolf Schlierer? Daß man nun auch noch auf die brave Bürgerbewegung Pro Köln/Pro NRW einprügelt– die im wohltuenden Gegensatz zu den REP auch mal so etwas wie Wahlerfolge aufweist und damit die öffentliche Wahrnehmungsschwelle wenigstens partiell erreicht hat –, zählt gewiß zu den kontraproduktivsten Eigentoren. Besonders abstoßend dabei der denunziatorische Unterton („kein Kuscheln in braunen Ecken“), den wir sonst von antideutschen Neurotikern aus dem etablierten Parteienklüngel kennen.

Statt potentielle Mitstreiter derartig vor den Kopf zu stoßen und sich so zum Gaudi der Deutschland-Verächter zu zerfleischen, sollten patriotische Kräfte Trennendes zurückstellen und endlich soweit wie möglich einen gemeinsamen Nenner finden! Respektiert wird nur, wer Profil, Rückgrat und die nötigen Bataillone hat.

Wolfgang Walter, Kutzenhausen

 

 

Zum Leserbrief: „Ein freiheitlicher Ökologismus“ von Matthias Sailer, JF 1/10

Aktionistischer Schwindel

In der Leserzuschrift wird der „grenzenlose Machbarkeitswahn“ beklagt, der zweifelsohne auch Ursache der heute üblich gewordenen Verhaltensweisen und mitverantwortlich für Probleme ist, welche die Menschheit bedrängen und zum Schaden an bestehenden Ökosystemen führen. Die indoktrinierte, weltweite Klimahysterie hat einen Aktionismus ausgelöst, der einmalig ist. Die pseudowissenschaftlich begründeten, als „Klimaschutz“ propagierten Gegenmaßnahmen sind Etikettenschwindel; sie übertreffen in ihrer Hybris und mit ihrem Machbarkeitswahn alles bisher Dagewesene! Wie können wir als Menschen uns anmaßen, mit unseren geistigen und materiellen Möglichkeiten das globale und externe Weltsystem zu steuern und nach unseren Vorstellungen zu gestalten? Den absehbaren Folgen des Klimawandels und dem Schutz der Ressourcen muß mit anderen, menschlich machbaren Mitteln begegnet werden.

Reinhold Büttner, Nürnberg

 

 

Zu: „‘Die Jugend ist konservativ’“, Interview mit Andrew Roberts, JF 1/10

Roberts verteidigte Bomben

Welch unerschütterlicher Verteidiger der Bombardierung Dresdens am 13./14. Februar 1945 Roberts in dem von Ihnen hervorgehobenen neuen Buch „The Storm of War“ bis heute geblieben ist, hätte im Interview wohl besser berücksichtigt werden sollen! Aus welcher Richtung dieser Wind bläst, zeigt unter anderem, daß Roberts die Irak-Invasion aktiv unterstützte, einen Vortrag im Weißen Haus vor George W. Bush hielt und von diesem gepriesen wurde. Die bei Wikipedia referierten Kritiken an Roberts’ früheren Publikationen betonen dessen pamphletistisches Engagement, stellen dagegen seiner historischen Gewissenhaftigkeit ein wenig untadeliges Zeugnis aus.

Dr. Klaus R. Grinda, Bovenden

 

 

Zu: „‘Wir wollen unsere Werte retten’“, Interview mit Thomas Goppel, JF 51/09

Für Katholiken unwählbar

Wenn zwei Millionen Katholiken den letzten Wahlen ferngeblieben sind, das heißt die CDU/CSU nicht oder nicht mehr gewählt haben, lag dies nicht nur an der Kritik von Merkel an Benedikt XVI., sondern an der Tatsache, daß diese Partei in den letzten Jahren sich immer mehr zu einer zweiten SPD (fehl)entwickelt hat und offen und massiv unter anderem für Homosexualität, Abtreibung, Islam und sozialistische Kinder-„Erziehung“ (Kinderkrippen, Baumodell DDR) eintritt.

Daran wird der Arbeitskreis Engagierte Katholiken nichts ändern, denn er wird nicht in der Lage sein, in der liberalistisch geprägten und marxistisch angehauchten CDU/CSU katholische Vorstellungen durchzusetzen. Die CDU/CSU ist und bleibt für Katholiken unwählbar.

Thomas Waibel, Deggendorf

 

 

Zu: „Halbherziges Gedenken“ von Herdis Helgenberger, JF 52-53/09

Ich saß auch im KGB-Gefängnis

Ich möchte meine volle Solidarität mit der Mahnwache am ehemaligen KGB-Gefängnis Leistikowstraße in Potsdam zum Ausdruck bringen. Ich selbst habe 1952 als Neunzehnjähriger fünf Monate unter menschenunwürdigen Verhältnissen in diesem Gefängnis verbracht.

Ich war Teil der „Meuselwitzer Gruppe“, die aus sechs ehemaligen Schülern der Meuselwitzer Oberschule und einem mir bis zum Prozeßbeginn Unbekannten bestand. Wir waren vom KGB unter Mithilfe deutscher Stellen quasi entführt worden und wurden zunächst im Gefängnis Leistikowstraße und später im Gulag ohne jeden Kontakt zur Außenwelt festgehalten, so daß wir für unsere Angehörigen lange Zeit spurlos verschwunden waren. Permanenter Schlafentzug durch stundenlange nächtliche Verhöre bei Schlafverbot zwischen 6 und 22 Uhr in diesem Gefängnis wirkten als physische Folter. Gegen mich wurden bei den Verhören mehrfach Todesdrohungen ausgesprochen.

Der Prozeß vor dem sowjetischen Militärtribunal 48240 war meilenweit vom normalen Rechtsverständnis entfernt. Vier der Mitangeklagten wurden unter aberwitzigen Beschuldigungen zum Tode verurteilt, zwei Schulkameraden und ich zu je 25 Jahren Arbeitslager. Drei Todesurteile wurden am 23. Oktober 1952 in Moskau vollstreckt. Den Angehörigen von zwei hingerichteten Schulkameraden wurde 1959 offiziell mitgeteilt, die beiden seien am 23. Oktober 1954 (kein Druckfehler) in der Sowjetunion verstorben. Das allein ist schon ein Hinweis auf die Glaubwürdigkeit sowjetischer Dokumente.

Eine große Genugtuung war für mich und meine drei überlebenden Freunde, daß wir 1996 alle sieben rehabilitiert wurden. Nur für drei von uns kam das über 43 Jahre zu spät. Tatsächlich ist unser Fall kein Einzelfall.

Nach jüngsten Meldungen haben die russischen Behörden nach Überprüfung von 10.091 Urteilen gegen Deutsche von sowjetischen Militärgerichten die meisten davon als rechtswidrig eingestuft und die Betroffenen rehabilitiert.

Prof. Dr. Hans Günter Aurich, Marburg

 

 

Zu: „Die Einschläge kommen näher“ von Paul Rosen, JF 52-53/09

Unsere Soldaten im Dilemma

Die Frage zu stellen, ob die Bundeswehr in Afghanistan im Kriegseinsatz ist oder vielleicht doch nicht, ist müßig. In Afghanistan ist Krieg – zumindest asymmetrisch und de facto –, und die Soldaten sehen das genauso!

Unsere Soldaten in Afghanistan befinden sich in einem Dilemma: Sie werden nicht nur vom Gegner bedroht, sondern auch von den deutschen Staatsanwälten, die bei jedem verwundeten oder toten Taliban prüfen, ob sich der Soldat auch an die „Rules of engagement“ (ROES) gehalten hat. Und das ist noch der eigentliche Skandal – nicht so sehr die Entscheidung des Oberst Klein, Bomben einzusetzen, selbst wenn dies nicht verhältnismäßig bzw. nicht angemessen war. Er ist daher das „Bauernopfer“ einer verfehlten Politik.   

Burkhard Beetz, Oberst a. D. der Reserve, Sickte

 

Sarkastische Vorschläge

Als unfreiwilliger Mitfinanzierer der bundesdeutschen Kriegsspiele in Afghanistan möchte ich zur Vereinfachung zwei Vorschläge machen. Die billigere Variante: Es wird den Soldaten nur die Benutzung von Platzpatronen gestattet. Da gibt es auf feindlicher Seite keine Toten und Verletzten und somit auch keine Schadensersatzansprüche. Eventuell getötete Bundeswehrangehörige können als Kollateralschäden abgehakt werden.

Eine teurere Variante: die Verwendung echter Munition. Dann sollten die Soldaten aber Handreichungen über Risiken und Nebenwirkungen erhalten und jeder verantwortliche Kommandeur ein Scheckbuch, um angerichtete Schäden unbürokratisch vor Ort umgehend regulieren zu können.

Klaus-W. Warda-Lange, Berlin

 

Das nennt man Demokratie

Die Bundesregierung hat jetzt eine Entschädigung für die zivilen Opfer der Bombardierung der Tanklastwagen in Afghanistan zugesagt. Das deutsche Volk lehnt mehrheitlich den Bundeswehreinsatz in Afghanistan ab, trotzdem muß der Steuerzahler den Krieg bezahlen. Geht etwas schief, muß er wieder zahlen. So eine Einstellung nennen unsere Parlamentarier dann Demokratie.

Harro Jäger, Schwülper

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