© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  06/10 05. Februar 2010

WIRTSCHAFT
Mißgeburt Gesundheitsfonds
Jens Jessen

Die Kassen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) werden mit den für 2010 zugewiesenen 168 Milliarden Euro nicht auskommen. Es fehlen etwa vier Milliarden Euro für die Gesundheitsausgaben. Dabei handelt es sich um eine Fehlkalkulation der Ausgabenentwicklung des Fonds durch das Gesundheitsministerium. Nur durch eine schnelle Erhöhung des 2009 von 15,5 auf 14,9 Prozent gesenkten Einheitsbeitragssatzes würden die bei Unterdeckung vorgesehenen Zusatzbeiträge überflüssig. Die Anpassung erfolgt laut Gesetz jedoch erst dann, wenn der Gesundheitsfonds die Ausgaben der GKV zwei Jahre lang nicht mehr mindestens zu 95 Prozent decken kann. Die Konstrukteure des Gesundheitsfonds – SPD und Union – haben für die derzeitige Konstellation vorgesehen, daß die Kassen Zusatzbeiträge von bis zu einem Prozent des beitragspflichtigen Einkommens erheben müssen.

Bisher sind nur acht Euro angekündigt worden, weil dann eine teure Einkommensprüfung entfällt. Die Krankenkasse hat ihre Mitglieder spätestens einen Monat vor der Fälligkeit auf die Erhöhung hinzuweisen und die Möglichkeit eines Kassenwechsels zu geben. Der Wechsel ist nur möglich, wenn die Zusatzbeiträge nicht überall erhoben werden. Daß Derartiges geschehen kann, haben Fondserfinder nicht einkalkuliert. Daß durch die 96 Euro jährlich Geringverdiener oder Sozialrentner überproportional betroffen sind, hatte in den politischen Überlegungen ebenfalls keine Rolle gespielt. Das neue Bürgerentlastungsgesetz läßt übrigens die steuerliche Absetzung von Zusatzbeiträgen ebenso zu wie die der herkömmlichen Kassenbeiträge als Sonderausgabe. Rentner, Geringverdiener oder Hartz-IV-Bezieher, die keine Einkommensteuern zahlen, werden das dankbar zur Kenntnis nehmen.

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