© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  07/10 12. Februar 2010

Olympische Winterspiele: Pickelhauben, der Hund Frankie und die Wanzenplage
Es geht um Platz eins
Fabian Flecken

Es wird so schwer wie noch nie“: Die wegweisenden Worte, die der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, Thomas Bach, kurz vor Beginn der Winterspiele in Vancouver der Bild sprach, holten so manchen Wintersport-Begeisterten auf den Boden der Tatsachen zurück. Keine deutschen Begeisterungswellen wie vor vier Jahren in Turin? Keine Freude für die beiden Pickelhauben-Fans, die kaum ein Biathlon-Fest verpassen? Statt dessen Frust und der Kampf mit Bettläusen? Na, wenigstens bei der Fernsehberichterstattung sitzt man in der ersten Reihe. Denn aufgrund der Zeitverschiebung fallen viele Entscheidungen in die Abendstunden.

Hier wird sich dann bis zum 28. Februar zeigen, ob  die 153 deutschen Athleten ihre Erfolge aus dem Jahr 2006, als sie mit elf goldenen, zwölf silbernen und sechs bronzenen Medaillen den Medaillenspiegel anführten, wiederholen und die entlastenden Tiefstapeleien ihres Präsidenten ad absurdum führen können.

Auf geht’s. Der Blick auf die „Nationenwertung“ bei den vergangenen Olympischen Winterspielen legt die Latte ziemlich hoch.

Seit der Wiedervereinigung belegte Deutschland durchgehend einen der drei vorderen Plätze. Und im „ewigen“ Medaillenspiegel der Olympischen Winterspiele liegen wir nur knapp hinter Rußland – eine Stellung, die beim sommerlichen Pendant auf absehbare Zeit undenkbar sein dürfte.

Doch wie steht es um die Chancen unserer Starter? Eine der großen deutschen Hoffnungen stellen wie so oft die Biathleten dar. Gerade in den letzten Wochen wiesen die Damen um Magdalena Neuner und Andrea Henkel sowie in geringerem Grad auch die Herren eine stark ansteigende Formkurve auf, welche die vielen Schwächen zu Saisonbeginn vergessen ließ. Hier scheint eine Wiederholung der sehr starken Bilanz von Turin 2006 nicht ausgeschlossen. Ähnlich verhält es sich mit den Sportlern im Eiskanal. Die Rodler und Bobfahrer werden wohl auch in Vancouver zu den zuverlässigen Medaillenbänken gehören. Insbesondere die Rodlerinnen dürften den Sieg unter sich ausmachen. Beachtung verdienen des weiteren die starken deutschen Skeleton-Fahrer, eine dem Rodeln verwandte Disziplin. Der Unterschied: Hier rast man den Eiskanal mit dem Kopf voran hinunter.

Weniger rosig sieht es für die alpinen Skifahrer aus. Hier kann Maria Riesch als sichere Kandidatin auf gute Plazierungen gelten. Bei den Herren dürfte Felix Neureuther Chancen aufs Treppchen im Slalom haben. Verschlechtert hat sich die Lage bei den deutschen Eisschnelläufern. Haben die Herren schon seit geraumer Zeit nichts mehr mit der Medaillenvergabe zu tun, schwächeln in dieser Saison auch die Damen. Die unter Doping-Verdacht stehende Claudia Pechstein darf gar nicht erst starten, und die Form ihrer alten Rivalin Anni Friesinger scheint fraglich. Einzig auf der Berlinerin Jenny Wolf im Sprint ruhen die Hoffnungen. Im Eiskunstlauf ist das Paar Savchenko/Szolkowy in den engen Kreis der Favoriten einzuordnen.

Im „nordischen“ Ski-Bereich sind die Unwägbarkeiten 2010 groß. Von den deutschen Ski-Adlern um Martin Schmitt ist weder im Einzel noch in der Mannschaft eine Medaille zu erwarten. Anders bei den nordischen Kombinierern. Hier können wieder olympische Höhepunkte erwartet werden. Der Sieg im letzten Weltcup vor Olympia durch Eric Frenzel aus Oberwiesenthal läßt besonders aufhorchen.

Auch die Langläufer beiderlei Geschlechts hatten die ganze Saison hindurch mit Problemen in der Loipe zu kämpfen und könnten wohl eher in den Staffeln mit guten Plazierungen überraschen. Kaum etwas zu holen gibt es auch im Eishockey, Ski-Freestyle, den Short-Track-Wettbewerben und im Snowboard.

Böse Überraschungen lauern aber auch abseits der Pisten. Unwillkommene Gäste könnten die Sportler erwarten. Ausgerechnet zu den Olympischen Spielen hat die kanadische Westküstenmetropole mit einer Bettwanzenplage zu kämpfen. Doch Frankie, der Wanzenspürhund der Schädlingsbekämpfer-Firma Orkin (www.orkin.com), ist auf der Hut. Nicht auszudenken, wenn unsere Athleten um den Schlaf gebracht würden. Blech statt Ruhm? DOSB-Präsident Bach stapelt schon mal tief. Man werde auch „bei einem zweiten oder dritten Platz“ feiern. „Wir müssen Gold gewinnen“, erklärt dagegen Willy Bogner. Doch dem Chef der Olympiabewerbung von München 2018 geht es nicht um den Medaillenspiegel, sondern um das Punkten bei den IOC-Funktionären vor Ort.

Foto: Sport-Begeisterung: Wo diese zwei Herren auftauchen, ist der Sieg programmiert

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen