© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/10 19. Februar 2010

Schwarze Schafe
„Kampf gegen Rechts“: Neue kirchliche Arbeitsgemeinschaft
(vo/idea)

Um das Engagement gegen Rechtsextremismus in Kirche und Gesellschaft besser vernetzen zu können, hat sich am Freitag vergangener Woche in Dresden die Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche gegen Rechtsextremismus (BAKGR) konstituiert (JF 6/10). Vor rund hundert Gästen bekräftige der sächsische Landesbischof Jochen Bohl einem Bericht der evangelischen Nachrichtenagentur idea zufolge, es gebe gute Gründe für eine klare Haltung der Kirche gegen „neue Nazis“. So sei deren „unbußfertiger Umgang“ mit der deutschen Vergangenheit unvereinbar mit dem Glauben an den gekreuzigten und auferstandenen Christus. Außerdem gehöre zum christlichen Glauben, „sich der eigenen Schuld zu stellen, sie vor Gott zu bringen in der Hoffnung auf Vergebung und die Ermöglichung eines Neuanfangs“. Nach christlichem Verständnis seien im übrigen alle Menschen Kinder Gottes. „Darum kann es nicht die Unterordnung der einen unter die anderen aufgrund äußerer Merkmale geben“, sagte Bohl. Der Bund Gottes mit seinem Volk Israel bestehe fort, und „der Platz eines jeden Christenmenschen ist an der Seite der Juden“.

Der ranghöchste protestantische Theologe in Sachsen betonte allerdings in seinem Vortrag, daß es auch auf der linken Seite des politischen Spektrums Antisemitismus gebe. So nannte Bohl es einen „Tiefpunkt der deutschen Parlamentsgeschichte, als am Gedenktag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz im Bundestag drei Abgeordnete der Linkspartei dem israelischen Staatspräsidenten Simon Peres die Ehre verweigerten, indem sie sich nicht von ihren Plätzen erhoben“. Zu den Initiatoren der BAGKR gehören neben Einzelpersonen auch die Aktion Sühnezeichen Friedensdienste, das Kulturbüro Sachsen und der in Magdeburg ansässige Verein „Miteinander – Netzwerk für Demokratie und Weltoffenheit in Sachsen-Anhalt“.

An der Gründungsveranstaltung nahmen auch die Dresdner Oberbürgermeisterin Helma Orosz (CDU) sowie der Bildungsreferent der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland, Christhard Wagner, teil (JF 1/10). Orosz sagte, der Bundesarbeitsgemeinschaft komme besondere Bedeutung „bei der demokratischen Vernetzung gegen neofaschistische Gruppen zu“.

Wagner nannte es in seinem Referat in Dresden besorgniserregend, daß es auch in Kirchengemeinden rechtes Gedankengut gebe: „Deshalb müssen wir vom Kindergarten bis zum Seniorenheim durchbuchstabieren, daß Christsein und rechtsextreme Überzeugungen wie Feuer und Wasser sind.“ Eine fundierte kirchliche Bildungsarbeit sei dazu „die beste Medizin gegen das braune Gift“, das sich vor allem unter jungen Menschen ausbreite, stellte der mitteldeutsche Oberkirchenrat fest.

David Begrich vom Magdeburger Verein „Miteinander“ richtete dem Internetportal „Netz gegen Nazis“ zufolge den Blick „auf die schwarzen Schafe in den eigenen Reihen“. Dazu zählten neben Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Christen in der NPD auch christliche Fundamentalisten. Deren Schnittstelle zur extremen Rechten seien beispielsweise die von Lebensschützern organisierten „Märsche für das Leben“, die Holocaust-Leugnung des traditionalistischen Bischofs Richard Williamson „oder erzkonservative Familienkonzepte“, die Jürgen Liminski in der JUNGEN FREIHEIT verbreite.

Foto: Ratgeber der Kirche gegen Rechtsextremismus

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