© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  08/10 19. Februar 2010

Und Schuld daran ist nur die Globalisierung
Johanna Joppe und Christian Ganowski hoffen, daß die Finanzkrise auch ein Ende des bisherigen Weltwirtschaftssystems einläutet
Andreas Rüdig

Glaubt man dem Buchdeckel, leiten Johanna Joppe und Christian Ganowski eine internationale Beratungsgesellschaft für Risikomanagement und intelligente Managementsysteme. Außerdem veröffentlichten sie wohl (Fachtexte?) in Tages- und Wirtschaftszeitungen. Nimmt man das als Maßstab, dürfte man annehmen, daß sie den Daumen am sprichwörtlichen Puls der Zeit haben. Sie treffen Mittelständler und Manager von Großunternehmen und lernen deren Denkweise kennen. Gleichzeitig sind die beiden Autoren augenscheinlich auch in der Lage, ihre Erkenntnisse angemessen literarisch umzusetzen.

Die Welt ist ein globales Dorf. Güter, Dienstleistungen und Arbeitskraft können jederzeit und überall gekauft und verkauft werden. Welche Vor- und Nachteile bietet ein solches System? Wer sind die Gewinner und Verlierer? Was sind die Alternativen? Sehr polemisch und vereinfachend, fast schon populistisch beschäftigen sich die beiden Autoren mit dem Phänomen der Globalisierung. Das Buch wirkt fast schon so, als solle hier Managerschelte betrieben und die deutsche Führungselite in Mißkredit gebracht werden, weil sie Gefahren nicht erkennt oder falsch einschätzt. Mit wissenschaftlichem Arbeiten hat dies nichts zu tun. Die Autoren flüchten sich oft genug in Allgemeinplätze – als ob sie Angst davor hätten, im Zweifelsfall zur Rechenschaft gezogen zu werden. Häufig fehlen Belege und Beispiele für Behauptungen; so wirkt das Buch schon sehr konfus.

Deutschland ist ein extrem export­abhängiges Land und war über viele Jahre hinweg Exportweltmeister. Da wäre es schon sinnvoll, ein paar Worte zur deutschen Politik und ihrer Antwort auf die Globalisierung zu verlieren. China scheint derzeit das Traumziel aller abwanderungswilligen Unternehmen zu sein. Das Buch benennt zwar einige mögliche Schwächen des einstigen Reichs der Mitte, aber nicht seine Stärken. Wieso also in das weit entfernte China gehen und nicht etwa in den Kaukasus oder auf den Schwarzen Kontinent?

Wie ist Deutschland institutionell in das Weltwirtschaftssystem eingebunden? Viele Unternehmen sehen sich als „Global Player“, ohne daß uns jemand erklärt, was das überhaupt ist. Wie sind deutsche Firmen im Ausland und ausländische Firmen in Deutschland vertreten? Wo wird womit das große Geld verdient? Joppe und Ganowski beantworten diese Fragen noch nicht einmal ansatzweise. Statt dessen wird über die aktuelle Banken- und Finanzkrise lamentiert.

Und was ist von der Kernaussage des Werkes zu halten? Glaubt man den beiden Autoren, ist Deglobalisierung zumindest denkbar. Investitionsfreude, ein verschlankter Einkauf und ein fitter Vertrieb können auch wirtschaftlichen Erfolg bei uns in Deutschland sicherstellen. Dort ist der Markt zwar überschaubar; Fragen wie interkulturelle Kompetenz, Produktqualität und Ökologie spielen dann aber keine Rolle mehr.

Johanna Joppe, Christian Ganowski: Ende der Globalisierung. Warum wir wieder vernünftig wirtschaften müssen. Redline-Verlag, München 2009, gebunden, 231 Seiten, 19,90 Euro

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