© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  09/10 26. Februar 2010

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Ungereimt
Karl Heinzen

Pressefreiheit oder nationale Sicherheit? Um diese Frage geht es in Rod Luries hochkarätig besetztem Polit-Thriller „Nothing But the Truth“ (Nichts als die Wahrheit – Im Fadenkreuz der Staatsmacht). Inspiriert von der Geschichte der Journalistin Judith Miller, die im Jahre 2005 tatsächlich 85 Tage im Gefängnis saß, weil sie die Identität einer verdeckt arbeitenden CIA-Agentin aufdeckte, erzählt Regisseur und Drehbuchautor Lurie ein Drama um zwei Frauen, journalistische Ethik und einen ebenso patriotischen wie unnachgiebigen Staatsanwalt, für den die Prinzipien der Meinungs- und Pressefreiheit ganz klar den nationalen Sicherheitsinteressen unterzuordnen sind.

Nach einem gescheiterten Attentat auf den US-Präsidenten und dem folgenden Angriff auf Venezuela, das – entgegen Geheimdienst-Erkenntnissen – für den Anschlag verantwortlich gemacht wird, enthüllt die ehrgeizige junge Journalistin Rachel Armstrong (Kate Beckinsale) in einer Wa­shingtoner Tageszeitung die wahre Identität einer Undercover-CIA-Agentin. Von Staatsanwalt Dubois (Matt Dillon) vorgeladen, weigert sie sich jedoch, ihren Informanten preiszugeben, und wird daher zu einer Beugehaft verurteilt. Doch selbst die erniedrigenden Haftbedingungen bringen sie nicht dazu, ihre Quelle zu verraten. Ihre Unbeugsamkeit hat jedoch nicht nur Konsequenzen für sie selbst – sie verbringt insgesamt drei Jahre im Gefängnis, in deren Verlauf ihre Ehe zerbricht –, sondern vor allem auch für die von ihr enttarnte Agentin …

Die Frage, ob journalistische Prinzipien es wert sind, die eigene Familie zu zerstören und das Leben eines Menschen aufs Spiel zu setzen, bleibt in letzter Konsequenz unbeantwortet. Statt dessen bemüht Lurie vor allem das „David gegen Goliath“-Klischee der tapferen Reporterin, die mutterseelenallein gegen eine allmächtige Regierung kämpft. Das ist etwas dürftig, zumal das Ende des Films nahelegt, daß die Preisgabe ihrer Quelle nun wirklich keinen großen Schaden verursacht hätte. Diesen Ungereimtheiten steht die schauspielerische Leistung Kate Beckinsales entgegen, die für ihre glaubwürdige Darstellung der Rachel Armstrong für den Oscar nominiert wurde. Übertroffen wird sie jedoch vom brillanten Spiel Matt Dillons, der dem entschlossenen Staatsanwalt jene Mischung aus überzeugtem Patriotismus, einer Prise Zynismus und echter Anteilnahme verleiht, die es in sich hat. Mit Alan Alda, Angela Bassett und Vera Farmiga sind zudem die Nebenrollen exzellent besetzt.

DVD: Nichts als die Wahrheit – Im Fadenkreuz der Staatsmacht. Ascot Elite 2010, Laufzeit etwa 107 Minuten

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