© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  10/10 05. März 2010

LOCKERUNGSÜBUNGEN
Gegenleistung
Karl Heinzen

Über den nordrhein-westfälischen Landesverband der CDU hinaus hat auch der sächsische Sponsoring-Angebote zur Aufbesserung der Parteifinanzen entwickelt. Je nach Grad ihres Engagements wurde den zur Unterstützung von Veranstaltungen umworbenen Kunden in Aussicht gestellt, in Begrüßungsreden Erwähnung zu finden oder gar Gesprächszeit mit dem Ministerpräsidenten eingeräumt zu bekommen. Mit einem etwas anders nuancierten Geschäftsmodell scheinen die Sozialdemokraten am Markt unterwegs zu sein. Sie sollen Anzeigenkunden für ihr ParteiblattVorwärts sowie Förderer von Konferenzen mit exklusiven Kaminabenden locken, auf denen Unternehmensvertreter mit der Parteiprominenz vertraulich über die Weltlage und manch anderes mehr plaudern können.

Die vermeintlichen Enthüllungen, pünktlich zum Auftakt des Wahlkampfes in Nordrhein-Westfalen plaziert, sind jedoch weder überraschend noch empörend. Es ist hinreichend bekannt und wird von niemandem als anstößig empfunden, daß sowohl die Parteien als auch die Politiker persönlich sich zu vermarkten trachten. Was jetzt in den Medien kolportiert wurde, erweist sich somit als die Spitze eines Eisbergs, der längst geortet und allenfalls noch nicht vollständig vermessen ist.

Den die Kampagne reitenden Medien ist folglich zu unterstellen, daß sie gar nicht ihrer Rolle als Aufpasser in unserer Demokratie gerecht werden wollen, sondern vielmehr unlautere Absichten verfolgen. Über die an sich bereits unstatthafte Beeinflussung der Wahl zum Düsseldorfer Landtag hinaus zielen sie darauf ab, das Ansehen der demokratischen Parteien und Politiker in der Bevölkerung weiter zu untergraben. Derartigen Bestrebungen gilt es mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten. Dies ist um so drängender, als unterdessen politische Praktiken, die für das Funktionieren unserer Demokratie unverzichtbar sind, als moralisch verwerflich dargestellt werden können.

Wenn Parteien ihre durch das Grundgesetz zugewiesenen Aufgaben erfüllen sollen, müssen sie auch die Chance erhalten, sich die dazu erforderlichen Finanzmittel zu beschaffen. Wer nicht möchte, daß sie in erster Linie dem Staat auf der Tasche liegen, hat zu akzeptieren, daß sie in Wirtschaft und Bevölkerung um Zuwendungen werben und dafür, wie das in einer Marktwirtschaft nun einmal üblich ist, eine Gegenleistung offerieren. Gespräche mit Ministerpräsidenten sind als Bestandteil dieses Angebots legitim. Welchen besseren Maßstab gäbe es zudem zur Bewertung ihrer knappen Ressource Zeit als den Preis?

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