© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/10 12. März 2010

Kolumne
Die grenzenlose Güte der Obrigkeit
Rolf Dressler

Aus gutem Grund lieben Multikulti-Ideologen und andere Nebelwerfer das allfällige Modewort-Ungetüm „Migrationshintergrund“. Denn damit können sie den oftmals geradezu bestürzend naiven (Wahl-)Bürgern und Steuerzahlern fast ungestört ihre Märchen vom angeblichen Segen der Zuwanderung auftischen. Diese jedoch ist weithin nichts anderes als der direkte Durchmarsch in die hiesigen Sozialnetze – die freilich nicht etwa in wundersamer Fügung vom Himmel fallen, sondern vom Volk erwirtschaftet werden: für den Staat, der bekanntlich wir alle sind.

Nun wird die Politikerklasse nicht müde, durchaus zutreffend darauf hinzuweisen, daß Bildung und Wissen die einzige „Ressource“ seien, mit der Deutschland im globalen Wettbewerb nachhaltig punkten könne. Welchen Reim sollen wir uns dann aber auf eine sogar amtlich verbriefte Praxis machen, die, unverhofft, unlängst zum Beipiel auch einer 40jährigen Deutschen widerfahren ist? Weil die Akademikerin – infolge der Weltfinanzkrise –  ihre Anstellung verloren hatte, hielt sie in Nachbarländern intensiv Ausschau nach einer neuen Beschäftigung und wurde schon sehr bald fündig. Inzwischen wohnt und arbeitet sie in der Schweiz. Und ist noch immer verwundert über ein Zubrot, das der deutsche Staat ihr mit auf die Übersiedlerreise gegeben hatte, ähnlich wie anderen abwandernden Landsleuten auch: Einen Betrag von 3.000 Euro steuerte die deutsche Wohlfahrtsstaatskasse großzügig zu den Umzugskosten bei. Je länger jemand arbeitslos war, desto höher der Zuschuß – so bestimmt es die gebefreudige Obrigkeit in ihrer beinahe grenzenlosen Güte. Ja, einem Hartz-IV-Empfänger bezahlt der deutsche Staat sogar sämtliche Umzugsaufwendungen – auf Heller und Cent, und zwar unabhängig davon, wie weit von Deutschland entfernt das Zielland auch sein mag.

Ein Schelm, dem dabei gar nichts schwant. Einerseits bezeichnen deutsche Politikschaffende das Potential gut und bestens ausgebildeter Menschen pausenlos als zentrale Existenz- und Überlebensfrage der Nation; andererseits ermuntert man sie mit „Beihilfe“-Geldern dazu, ihrer angestammten Heimat den Rücken zu kehren, um anderswo auf Dauer seßhaft zu werden – in einem besseren Umfeld, unter angenehmeren Rahmenbedingungen.

So einiges läuft hier offenkundig schief. Nur, wer steuert dem entgegen –  in der oftmals sicherlich knapp bemessenen Zeit zwischen zwei, drei oder vier Wahlkämpfen?

 

Rolf Dressler war langjähriger Chefredakteur beim „Westfalen-Blatt“ in Bielefeld und ist nun freier Journalist.

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