© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  11/10 12. März 2010

UMWELT
Bakterienkiller werden unwirksam
Michael Howanietz

Etwa 50 Prozent der weltweit zum Einsatz gelangenden Antibiotika werden an für den menschlichen Konsum bestimmte Nutztiere verabreicht. In den USA waren es 2008 sogar 70 Prozent der eingesetzten 18.000 Tonnen – wobei 90 Prozent hiervon an kranke bzw. vermutet kranke Tiere gingen. Zehn Prozent gingen aber zum Zwecke schnelleren Wachstums an nachweislich gesunde Tiere. Die Folgen dieser Praxis sind katastrophal. Krankheitskeime werden gegen antibiotische Behandlungen resistent. Sie verbreiten sich über Wasser, Wind und Erdboden. In den menschlichen Körper gelangen sie nicht nur über Wunden, sondern auch durch den Verzehr von entsprechend gefüttertem Rind, Schwein oder Geflügel. In den USA verstarben 2008 etwa 65.000 Menschen an Infektionen mit resistenten Keimen.

In den Niederlanden soll ein Fünftel aller tödlich endenden Staphylokokken-Infektionen bei Menschen auf in Nutztieren entstandene Bakterienstämme zurückzuführen sein. Gleich hoch ist der Anteil widerstandsfähiger Erreger bei Salmonellenvergiftungen. Dies wäre ein klarer Handlungsauftrag an die Gesundheitsbehörden in aller Welt, doch rigorose Einschränkungen und Verbote der Antibiotika-Anwendung bei Nutztieren blieben bislang aus. In der EU sind Antibiotika zumindest als regulärer Futterzusatz seit 2006 verboten. Die US-Lobby der Agrar- und Pharmakonzerne legte sich bei allen diesbezüglichen Versuchen erfolgreich quer. Zuletzt mußte die Bush-Regierung ein diesbezügliches Gesetz zurückziehen – über 200 Millionen Dollar waren zuvor in eine Kampagne gegen das geplante Verbot gesteckt worden. Investitionen in ein aus Profitsucht geduldetes Massensterben, die erneut die Frage beantworten, wer die globalisierte Welt regiert.

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