© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/10 19. März 2010

Le Pens letztes Gefecht
Frankreich: Wahldebakel für Regierungspartei UMP und liberale MoDem / Zuwächse für Grüne und Linke / FN meldet sich zurück
Hans Christians

Sollte es wirklich „Papas letztes Kampf“ gewesen sein – wie Kommentatoren den französischen Regionalwahlkampf nannten –, dann hat er ihn erfolgreich bestanden. Keine Frage, der rechte Front National (FN) von Jean-Marie Le Pen ist der Überraschungssieger der ersten Runde der Regionalwahlen am vorigen Sonntag. Mit 11,7 Prozent lag die Partei zwar unter dem Resultat von 2004, übertraf aber die Ergebnisse der Parlaments- (4,7 Prozent) sowie der Europawahlen (6,8 Prozent) deutlich.

In immerhin zwölf von 22 Regionen schaffte die Rechtspartei den Einzug in die Stichwahl am 21. März, indem sie die Zehn-Prozent-Hürde übersprang. Den Spitzenwert erzielte der 81jährige FN-Chef als Spitzenkandidat in der südfranzösischen Region Provence-Alpes-Côte d‘Azur. In der FN-Hochburg kam Le Pen auf 20,3 Prozent und manifestierte damit seinen Führungsanspruch.

Le Pens Tochter Marine, die kurz- oder mittelfristig die Parteiführung übernehmen wird, fuhr in der Region Nord-Pas-De-Calais mit 18,3 Prozent das zweitbeste FN-Ergebnis ein. Die telegene Hoffnungsträgerin der Partei steht für eine Modernisierung der französischen Rechten. Mit der Protegierung seiner 41jährigen Tochter hat sich der alternde Populist wenig Freunde gemacht, zahlreiche Führungsfiguren haben den FN deshalb verlassen und neue Formationen gebildet. Angesichts ihrer Wahlergebnisse vom Sonntag waren alle diese Bemühungen vergeblich. Die Listenverbindungen um die Parti de la France (PDF), den Mouvement National Républicain (MNR) oder die Nouvelle Droite Populaire, an denen Ex-Frontisten wie der frühere Europa-Abgeordnete Carl Lang oder Jean-Claude Martinez beteiligt waren, kassierten herbe Niederlagen und kamen nirgendwo in die Nähe der Zehn-Prozent-Hürde.

Zugetraut wurde ihnen das vor allem in Lothringen, wo es das erkläre Ziel der MNR-Spitzenkandidatin Annick Martin war, den „großen Bruder“ FN zu überholen und damit unter die Sperrklausel zu drücken. Dieses Vorhaben scheiterte auf ganzer Linie. Nur drei Prozent konnte Martins Liste gewinnen, während der FN mit 14,9 Prozent in die Stichwahl kommt. Das gleiche Bild bot sich im Elsaß, wo regionale Medien die innerrechten Querelen genüßlich schilderten und dem in Meinungsumfragen bei lediglich acht Prozent liegenden FN das erstmalige Scheitern prophezeiten.

Trotz Konkurrenz FN-Erfolge im Elsaß und in Lothringen

Doch die FN-Liste des 41jährigen Patrick Binder übersprang die Hürde mit 13,5 Prozent der Stimmen locker, während die Rechtsliste von Jacques Cordonnier (Alsace d’Abord) mit fünf Prozent eine bittere Niederlage einstecken mußte. In einer ersten Stellungnahme sprach Le Pen von einem ,,historischen Erfolg“, der die Rangordnung innerhalb der französischen Rechten verdeutlicht habe. Bissig verspottete Le Pen seine früheren innerparteilichen Gegner als ,,Zwerge und Nieten“ und forderte sie auf, ,,weiter Parteien zu gründen, damit sie wenigstens etwas zu tun haben“.

Abgesehen vom Wiederaufschwung des FN hatten die Regionalwahlen wenig Überraschendes zu bieten. Die Regierungsparteien des Wahlbündnisses UMP um Staatspräsident Nicolas Sarkozy kassierten die erwartete Niederlage und kamen in der ersten Runde nur auf 27,3 Prozent der Stimmen. Die oppositionellen Sozialisten (PS) von Martine Aubry hatten trotz des heftigen innerparteilichen Streits mit 29,5 Prozent die Nase vorn – außer in der südwestlichen Region Languedoc-Roussillon. Hier konnte der wegen angeblich rassistischer Äußerungen aus der PS ausgeschlossene frühere Bürgermeister von Montpellier, Georges Frêche, mit 34,3 Prozent die offizielle PS-Kandidatin Hélène Mandroux-Colas (7,7 Prozent) deklassieren.

Als dritte Kraft etablierte sich die neue Grünen-Bewegung Europe Écologie (EE) um den EU-Abgeordneten Daniel Cohn-Bendit, die landesweit 12,5 Prozent der Stimmen einfuhr. Da PS und EE Wahlabsprachen treffen, gilt als sicher, daß das linke Lager in fast allen Regionen als Stichwahlsieger hervorgehen wird. Denn die Hälfte der Wähler hat links gewählt. Etwa weitere acht Prozent der Franzosen stimmten für Linksaußen-Listen, von denen sich die Front de Gauche (Linksfront/FdG) um den Ex-PS-Minister Jean-Luc Mélenchon und die Kommunisten (PCF) mit sechs Prozent den Löwenanteil sicherten. In vier Regionen (darunter der Auvergne mit 14 Prozent) reichte es für die Stichwahl. Die Neue Antikapitalistische Partei (NPA), die unter anderem mit der Kopftuchträgerin Ilham Moussaïd antrat, scheiterte hingegen mit 2,5 Prozent kläglich.

Auch die bürgerliche Bewegung MoDem um Ex-Präsidentschaftskandidat François Bayrou ist, mit 3,5 Prozent und dem Stichwahl-Einzug nur in Aquitaine, ein Verlierer. Bayrous Weigerung, auf den Listen von Sarkozys UMP anzutreten, wurde vom Wähler offenkundig abgestraft. Die UMP hofft nun, daß die von 63 auf 47 Prozent gesunkene Wahlbeteiligung am Sonntag steigt und ihre Kandidaten so zumindest im Elsaß und auf Korsika Achtungserfolge erzielen.

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