© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  12/10 19. März 2010

Markus H. Rosenmüllers Komödie „Schwere Jungs“: Die wahre Geschichte eines deutschen Bob-Wunders
Deutschland zuliebe auf die Karriere verzichten
Toni Roidl

Was lange währt, wird endlich gut? Drei Jahre nach der Kinopremiere zeigt das Fernsehen nun erstmals die rasante Komödie „Schwere Jungs“ des Regisseurs Marcus H. Rosenmüller. Darin geht es nicht um Gangster, sondern um die wahre Geschichte des ersten internationalen Sporterfolgs für Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg – noch vor dem Fußballwunder von Bern.

Erstmals nach Kriegsende traten 1952 zwei deutsche Bobfahrer-Mannschaften bei den Olympischen Winterspielen in Oslo an. Als beide Teams einsehen mußten, daß sie einzeln erfolglos bleiben würden, überwanden sie ihre sportliche Konkurrenz und persönlichen Animositäten und bildeten aus den jeweils vier schwersten Teilnehmern eine gemeinsame neue Mannschaft – die dank der Schwerkraft von 950 Pfund Gesamtgewicht prompt den Siegertitel errang! Drehbuchautor Phillip Roth stieß auf den Stoff durch eine Fernseh-Doku während einer Wettkampfpause bei den Winterspielen 2002. Seine Handlung basiert auf Interviews mit den damals noch lebenden Gold-Gewinnern. Anders als die Verfilmungen nationaler Dramen wie „Die Flucht“ oder „Dresden“ lehnt sich die Bob-Komödie auch formal an die Unterhaltungsfilme der 1950er Jahre an. Statt eines düsteren Heiner Lauterbach tummelt sich hier ein heiterer Bastian Pastewka. „Schwere Jungs“ ist die bajuwarische Version des Kultfilms „Cool Runnings“ (1993) um die jamaikanischen Olympia-Bobfahrer von 1988.

An bayerischen Kinokassen war der Heimatfilm erfolgreich; im übrigen Deutschland hatten es die Jungs nicht so leicht. Zu Unrecht, denn die Darsteller erzählen – „Deutschland zuliebe“ – ein Kapitel nationaler Identität. Der eigentliche Held ist der Bruder des Medaillengewinners, der freiwillig auf seinen Startplatz und damit auf seine Karriere verzichtet, um Deutschland den Sieg zu sichern: für unsere individualisierte Anspruchsgesellschaft eine aktuelle Parabel.

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