© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/10 26. März 2010

„Strategie der Linken“
Ist die Sexualisierung der Gesellschaft eine politische Waffe? Verheimlicht und beschwiegen – und doch ein Konzept mit Zukunft
Moritz Schwarz

Herr von Gersdorff, der Sexualethiker Rolf Trauernicht spricht von „ideologischen Lobbygruppen“, die die Sexualisierung unserer Gesellschaft vorangetrieben haben.

Gersdorff: Trauernicht hat recht, die Sexualisierung von Jugend und Gesellschaft ist eine alte Strategie der Linken. Nicht erst die Achtundsechziger haben diese verfolgt, schon in der Anfangsphase des Kommunismus wurde die sexuelle Libertinage gezielt eingesetzt, um die Grundlage der bürgerlichen Gesellschaft, die Familie, zu zerstören. Das Buch des Soziologen Wilhelm Reich „Die Sexuelle Revolution“ von 1936/66 liest sich wie eine Programmschrift – die von der Linken systematisch in die Praxis umgesetzt wurde. Eine Kernaussage war, daß ohne Sexualisierung der Jugend die Familie nicht zu existieren aufhöre und damit ein sozialistischer Staat nicht aufgebaut werden könne. Anfang der Siebziger erdachte Helmut Kentler, einer der Hauptverantwortlichen für die Pläne der Schulsexualerziehung, diese ganz im Sinne einer sozialen Revolution und der Erziehung des neuen Menschen, der sich vom bürgerlichen Leben „emanzipiert“. Und heute, seit etwa zehn Jahren, steht die Homosexuellen-Agenda im Vordergrund.

Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen sexuellem Mißbrauch – Stichwort Odenwaldschule – und linker Sexualisierung?

Gersdorff: Und ob. Die christliche Sexualmoral, insbesondere die katholische, fordert seit vielen Jahrhunderten eine Disziplinierung der Geschlechtlichkeit. Der Linken galt dies als Instrument zur Unterdrückung der Menschen und Aufrechterhaltung der „bürgerlich-kapitalistischen Produktionsweisen“, um mit Herbert Marcuse zu sprechen. Ihre sexuelle Revolution sollte die Sexualität völlig enthemmen und die „Institutionen der bürgerlich-kapitalistischen“ Gesellschaft zerstören. Das Ergebnis sehen wir heute: eine Gesellschaft, überflutet von Pornographie und „Erotik“. Die Welt berichtete jüngst von über 500.000 Internetpornographie-Süchtigen in Deutschland – das ist eine wahre psychische Epidemie. Es gibt Tausende von Internetseiten, die Kinderpornographie enthalten. Daß bei manchen schließlich alle Sicherungen durchbrennen und sie sich an Kindern vergreifen, ist bei einer solchen sexuellen Verwahrlosung nicht überraschend.

Die Sexualisierung als linke Strategie scheint allerdings beendet zu sein. Die Grünen etwa fordern die Pädophilie längst nicht mehr.

Gersdorff: Der Eindruck täuscht. Zur Zeit versuchen Grüne, SPD und die Linke eine „sexuelle Orientierung“ in das Grundgesetz einzuführen: Was ist, wenn die Pädophilen sich dann auf das Grundgesetz beziehen, um die „Rechte“ ihrer „sexuellen Orientierung“ einzuklagen? Seit Jahren wird zudem immer intensiver über die „sexuelle Emanzipation des Kindes“ gesprochen. In jeder Buchhandlung gibt es dazu Bücher, Sexualerziehung schon im Kindergarten usw. Was dort steht, ist meist haarsträubend und dient der Zerstörung des kindlichen Schamgefühls. Außerdem wird den Eltern das Recht abgesprochen, ihr Kind in sexueller Hinsicht zu erziehen. Statt dessen soll es sich „völlig frei entfalten“ – was, das haben wir ja im Fall Odenwaldschule gesehen, für Pädophilie ungeahnte Möglichkeiten eröffnet.

Dann markiert der Fall Odenwaldschule also nicht das Scheitern linker Sexualisierung?

Gersdorff: Nein, dazu müßte die Linke zugeben, daß die sexuelle Revolution falsch war. Das wird sie aber nicht tun, weil sie dann nicht mehr links wäre. Statt dessen versucht sie, Kritik zu tabuisieren. Dies zeigt sich auch daran, wie versucht wurde, das ganze Problem auf die Mißbrauchsfälle in der katholischen Kirche zu reduzieren. Zumal diese – trotz der Skandale in ihren Reihen – heute die fast letzte Bastion gegen die Sexualisierung der Gesellschaft ist.

 

Mathias von Gersdorff, der 45jährige Publizist ist Leiter der Aktion Kinder in Gefahr im Verband DVCK ( www.dvck.de ) und Herausgeber der Informationsschrift „Die sexuelle Revolution erreicht unsere Kinder“.

 

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