© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  13/10 26. März 2010

WIRTSCHAFT
Germans to the front
Wilhelm Hankel

Britische Noblesse bestand schon immer darin, in heiklen Dingen anderen Gentlemen den Vortritt zu lassen. Diese Tradition prägt zunehmend die Berichterstattung der anglophilen Presse in Sachen Hilfe für Griechenland. Die Autoren der Financial Times Deutschland (FTD) etwa überbieten sich in „Analysen“, die dartun, wie gut es Deutschlands und Europas Interessen täte, wenn die dazu noch in der Lage befindlichen EU-Staaten diese Zahlungen an Athen ohne schuldhaftes Zögern aufnähmen.

Die ökonomischen 007-Agenten des Blattes tadeln dafür Bundeskanzlerin Angela Merkel, weil sie davor noch zurückzuckt. Schließlich liege klar auf der Hand, daß diese Zahlungen den Euro (seit wann lieben ihn die Briten?) stützten und Deutschlands Exportüberlegenheit in der EU zementierten.

Wie raffiniert gedacht! Damit bleibt der Euro, weil hochgradig inflationsbedroht, im Gerede. Und Deutschland kann weiterhin armen schwachen Mittelmeerländern als Buhmann verkauft werden, dessen rüde, dumping-verdächtigen Exportoffensiven ihre Volkswirtschaften kleinhalten. Die Hilfe wird so zur Bußzahlung! Natürlich wissen diese Leitartikler aus ihren Studentenzeiten, daß Überschüsse und Defizite nur die zwei Seiten derselben Medaille sind: Wer im Defizit ist und gut davon lebt, verdankt diesen Kredit den Ländern mit Überschuß.

Doch daraus folgt nicht, daß er diesen Kredit nun sogar ein zweites Mal bekommt! Einmal reicht. Daß der erste Kredit einen Anspruch auf den zweiten begründet, ist eben nicht „selbstverständlich“, wie es die FTD postuliert. Wenn künftig auf Verträge mit Schuldnern kein Verlaß mehr ist, zerfällt die Stabilität von Geld und Kredit – und der Europäischen Währungsunion. Will man das in Großbritannien?

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen