© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  14/10 02. April 2010

Kolumne
Dr. Waigels Erzählungen
Bruno Bandulet

Wenn sich ein langjähriger Bundesfinanzminister wie Theo Waigel, der den Euro mit zu verantworten hat, mitten in der ersten existentiellen Krise der Einheitswährung zu Wort meldet, noch dazu in einem ganzseitigen Beitrag in der FAZ (24. März), dann würde man gerne von ihm erfahren, was damals in den neunziger Jahren falsch gemacht wurde. Überhaupt nichts, meint Waigel und mokiert sich über die früheren Euro-Kritiker, die jetzt ihre „15 Jahre alten Traktate“ wieder aus den Schubladen holten und ihre „alten Vorurteile“ wieder aufwärmten.

Messen wir Waigel doch einfach an dem, was er in den Jahren vor der Euro-Einführung propagiert hat. Er war sich durchaus bewußt, daß die Stabilität des Euro unabdingbar die Einhaltung der Konvergenzkriterien voraussetzte: kein höheres Haushaltsdefizit als 3 Prozent, keine höhere Staatsverschuldung als 60 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Dagegen wurde von der Mehrzahl der Länder, die den Euro 1999 einführten, schon vorher verstoßen – und wenn die Zahlen halbwegs gut aussahen, waren sie frisiert: nicht nur in Griechenland, sondern auch in Italien und sogar in Frankreich.

Waigel hat verdrängt, daß er selbst im November 1995 forderte, die öffentlichen Defizite auf 1 Prozent des BIP zu begrenzen. Ein „Sicherheitsabstand“ sei notwendig, damit die Euro-Länder auch bei schwacher Konjunktur die Obergrenze von 3 Prozent einhalten könnten. Außerdem forderte er bei Nichteinhaltung automatische Sanktionen und Geldstrafen. So hätte der Euro vielleicht funktionieren können! Nur stellte sich leider heraus, daß dies alles in der EU nicht konsensfähig war. Mit welchen Folgen, wissen wir inzwischen. Waigel hat einen Euro bekommen, den er gemessen an seinen damaligen Verlautbarungen nicht wollte. Nur zieht er daraus keinen Erkenntnisgewinn und behauptet auch noch: „Der Euro hält Europa zusammen.“

Geradezu abstrus ist schließlich das Argument, die Europäer bräuchten eine gemeinsame Währung, damit sie nie mehr Krieg gegeneinander führen. Bestand die Gefahr denn jemals zu D-Mark-Zeiten? Umgekehrt haben gemeinsame Währungen wie der Dollar 1861 oder Gold 1914 weder den amerikanischen Bürgerkrieg noch den Ersten Weltkrieg verhindern können. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Der Euro ist eine Fehlkonstruktion, weil sein ökonomisches Fundament nicht trägt. Was wirtschaftlicher Vernunft widerspricht, kann politisch nicht richtig sein.

 

Dr. Bruno Bandulet ist Herausgeber des Finanzdienstes Gold&Money Intelligence.

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