© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  15/10 09. April 2010

Sieg für die Lega
Italien: Berlusconis Regierungslager gewinnt sechs Regionen
Paola Bernardi

Als sei es das Alltäglichste der Welt, daß ein italienischer Ministerpräsident eine US-Schulklasse persönlich durch die Säle des Palazzo Chigi, des Regierungspalasts in Rom, führt – so erlebten vorige Woche die ausländischen Besucher Silvio Berlusconi. Es war der Tag nach den Regionalwahlen. Ohne große Siegerpose, nur mit einem Lächeln kommentierte er die Wahlerfolge seines Regierungsbündnisses: „Wir haben der Linken eine Lektion erteilt“, meinte Berlusconi. „Jetzt können wir die nächsten drei Jahre in aller Ruhe regieren, denn wir haben im Norden wie im Süden gewonnen.“

Trotz Wirtschaftskrise, Skandalen und Protesten (JF 13/10) wurde die Wahl in 13 von 20 Regionen sowie etwa 400 Kommunen nicht zum Denkzettel für die Mitte-Rechts-Koalition. Der Plan der italienischen Linken, den Urnengang zum Plebiszit über Berlusconi hochzustilisieren, erwies sich als Bumerang. Elf Regionen waren bislang in linker, nur zwei in rechter Hand – nun ist das Verhältnis sieben zu sechs. Die Linke verlor die Macht in den süditalienischen Regionen Kampanien (mit Neapel) und Kalabrien sowie in Piemont und Latium.

Politischer Bumerang für die linken Oppositionsparteien

Bemerkenswert ist der Sieg im Latium mit der Hauptstadt Rom, wo die kaum bekannte Renata Polverini gegen die prominente frühere EU-Kommissarin Emma Bonino antrat. Die 47jährige schaffte den Wahlsieg, obwohl die Berlusconi-Partei PdL (Volk der Freiheit), die sie unterstützte, wegen einer Fristversäumnis nur in wenigen Wahlkreisen zugelassen war. Polverini trat nach dem Studium der rechten Agrargewerkschaft Cisnal bei. 2006 wurde sie mit fast 97 Prozent zur ersten Generalsekretärin der Nachfolgeorganisation UGL gewählt. Der heutige Parlamentspräsident Gianfranco Fini persönlich, der frühere Postfaschist und Gründer der Alleanza Nazionale, förderte ihre Kandidatur. Auch der rechte Bürgermeister von Rom, Gianni Alemanno (JF 19/09), zählt zu ihrem Freundeskreis. In ihrer ersten Pressekonferenz trat Polverini demonstrativ gemeinsam mit Alemanno auf.

In Piemont, der flächenmäßig größten Festlandsregion Italiens, setzte sich Roberto Cota, der Kandidat der zum Regierungsblock gehörenden rechten Bürgerbewegung Lega Nord, knapp gegen die linke Amtsinhaberin Mercedes Bresso durch, die dort sogar von den wertkonservativen Christdemokraten (UDC) unterstützt wurde. Das gilt als politische Sensation, denn die Industrie-Region um Turin war jahrzehntelang eine Hochburg der (Post-)Kommunisten.

Den beeindruckendsten Sieg erzielte die einwanderungskritische Lega allerdings in Venetien: Mit ihrem Spitzenkandidaten, Landwirtschaftsminister Luca Zaia, verbuchte sie 35,2 Prozent und überrundete damit auch Berlusconis PdL, die nur auf 24,7 Prozent kam. So wurde die dortige Linkskoalition mit 60 zu 29 Prozent regelrecht deklassiert. Kein Zweifel, „der Wind aus dem Norden“ ist im Auftrieb. Selbst in den weiter „roten“ Regionen Emilia-Romagna, Toskana, Ligurien oder Umbrien gewann die Lega an Boden und erzielte teilweise zweistellige Ergebnisse. Damit wird sie zum Motor der Regierungskoalition in Rom. Lega-Chef Umberto Bossi ist nun der wichtigste Verbündete von Berlusconi, was Fini (der den Cavaliere gern beerben würde) noch in Bedrängnis bringen dürfte. Die Lega wird die geplanten Reformen antreiben und den Föderalismus – der seine Basis in Norditalien hat – weiter voranbringen wollen.

Insgesamt bleibt die PdL dennoch stärkste Kraft innerhalb der Regierungskoalition. So feierte in der Lombardei Präsident Roberto Formigoni seinen vierten Wahlerfolg: 31,8 Prozent für seine PdL, 26,2 Prozent für die Lega. Die größte Oppositionspartei, die postkommunistisch-linkskatholische PD, gab sich dennoch stoisch zuversichtlich: „Dieses Ergebnis gibt uns Mut, auf einen Wahlsieg bei den nächsten Parlamentswahlen in drei Jahren hinzuarbeiten und eine politische Wende einzuleiten“, erklärte PD-Chef Pier Luigi Bersani. Doch da muß vorher wohl noch viel geschehen.

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