© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  16/10 16. April 2010

Kolumne
Nicht am Ast sägen, auf dem man sitzt
Norbert Geis

Der Mißbrauch von Kindern und Schutzbefohlenen durch homosexuelle katholische Priester hat nicht nur den Opfern furchtbaren Schaden zugefügt, auch die Kirche selbst ist davon betroffen. Das Ansehen ihrer Erziehungseinrichtungen ist in Frage gestellt.

Den Laizisten bei uns, die jetzt am lautesten aufschreien (so Marcello Pera, früherer italienischer Senatspräsident), geht es aber nicht um die Opfer. Das ist nur der Vorwand. In Wirklichkeit geht es ihnen um ihren Kampf gegen die katholische Kirche und damit gegen das Christentum. Längst haben sie den Papst im Visier. Sie wissen, wenn sie seine weiße Soutane mit Schlamm beschmutzen können, beschmutzen sie die Kirche.

Benedikt XVI. aber ist durch seine Klarheit und Bestimmtheit, seine Ruhe, die er ausstrahlt, und seine Bildung unanfechtbar. Er ist freundlich und lächelt, weicht aber keinen Zentimeter zurück. Das verschärft die Angriffe der Feinde der Kirche. Wer glaubt, diese Angriffe würden sich bald totlaufen, befindet sich im Irrtum. Sie suchen sich andere Opfer. Schon sieht sich Bischof Mixa in der Presse bodenlosen Angriffen ausgesetzt. Es geht um die Zerstörung der christlichen Religion. Das ist das Ziel.

Europa hat diese Zerstörungswut in der Zeit des Kommunismus und Nationalsozialismus erlebt und mit seiner Freiheit bezahlen müssen. Die Zeiten haben sich zwar gewandelt, das Ziel aber bleibt das gleiche. Es ist unglaublich, wie man sich in Deutschland an dieser Zerstörungswut beteiligt. Manche Deutsche scheinen vergessen zu haben, was den Verfassern unseres Grundgesetzes sehr wohl bewußt war, daß nämlich das Christentum Fundament für unsere Kultur und unser Staatswesen ist. Die Freiheit unserer Demokratie steht auf dem Spiel, wenn das Christentum verdrängt wird. Unser säkularer Staat kann ohne Ethos keinen Bestand haben. Dieses Ethos kann sich der Staat aber nicht selbst beschaffen und kann es nicht selbst garantieren (Böckenförde). Dieses Ethos, auf dem der Staat und unsere freiheitliche Gesellschaft ruhen, ist letztlich nur theologisch begründbar. Darauf hat Papst Benedikt, damals noch als Kardinal Ratzinger, in verschiedenen Schriften immer wieder hingewiesen: „Der christliche Glaube erweckt das Gewissen und begründet das Ethos. Er gibt der praktischen Vernunft Inhalt und Weg.“ Ratzinger warnt vor der „Destabilisierung des Ethos“. In ihrer blinden Arroganz aber merken die Laizisten nicht, daß sie an dem Ast sägen, auf dem sie selbst sitzen.

 

Norbert Geis (CSU) ist Mitglied des Deutschen Bundestages.

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