© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/10 23. April 2010

UMWELT
Tumor durch Mobiltelefonie
Michael Howanietz

Ob beim Wirbel um den multimedialen Flachbildschirm iPad (JF 6/10) oder der neuen Funkfrequenzauktion für das mobile Internet – Fragen zu den möglichen Gesundheitsgefahren werden ausgeblendet. Studien, die auf die Gefahren der Digitalflut im Äther hinweisen, wurden bislang kaum beachtet. Mit einem Urteil des italienischen Berufungsgerichts Welsch-Brixen (Brescia) könnte sich das ändern. Darin wird bestätigt, daß ein Tumor am Trigeminus-Nerv des Klägers auf fünf- bis sechsstündige tägliche Verwendung von Schnurlos- und Mobiltelefonen zurückzuführen sei. Die italienische Versicherung für Arbeitsunfälle (INAIL) wurde verurteilt, den Manager Innocente Marcolini zu entschädigen. Die Sanktionierung des kausalen Zusammenhangs zwischen Tumorerkrankung und den vom Digitalfunk ausgehenden elektromagnetischen Feldern überrascht die kritische Plattform Mobilfunk-Initiativen (PMI) nicht. Sorglosigkeit sei bei den Garanten ständiger Erreichbarkeit unangebracht.

Der Gerichtssachverständige Hanns Moshammer empfiehlt seit Jahren, das Festnetz zu nutzen, wo und wann immer möglich. Gefährdungshinweise seien endlich gesetzlich vorzuschreiben. Schließlich gelte das EU-rechtliche Vorsorgeprinzip auch für Gesundheitsfolgen. Da die Strahlung der Telefone differiere, sei der SAR-Wert (spezifische Absorptionsrate, verursacht beispielsweise Gewebeerwärmung) auch auf der Verpackung sichtbar auszuweisen, fordert Michael Proschek-Hauptmann vom österreichischen Umweltdachverband. Das italienische Urteil wird für Betriebshaftpflichtversicherungen, die von elektromagnetischer Strahlung verursachte Gesundheitsschäden bislang von der Deckung ausgeschlossen hatten, nicht folgenlos bleiben.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen