© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  17/10 23. April 2010

Frisch gepresst

Kalter Krieg. Der 1928 geborene Friedrich-Wilhelm Schlomann zählt zu den intimsten Kennern der Geschichte des „Kalten Krieges“. Im Jahr des Mauerbaus nahm er im Bundesverteidigungsministerium seine Arbeit in einem Referat für „Psychologische Kampfführung“ auf. Die dort gesammelten Erfahrungen prädestinierten ihn für den Redakteursposten bei der Deutschen Welle, den er von 1970 bis 1992, also über den kaum noch erwarteten Untergang des SED-Regimes hinaus, ausfüllte. In einem Dutzend Büchern verwertete Schlomann sein in Jahrzehnten angehäuftes Wissen über den Repressions- und Spionageapparat des sozialistischen Arbeiter- und Mauernstaates und seines sowjetischen Protektors. Ihnen fügt der bienenfleißige Autor nun ein weiteres Werk hinzu, das mit der hartnäckigen Legende aufräumt, die westlichen Geheimdienste, allen voran der Pullacher Bundesnachrichtendienst (BND), seien im Vergleich mit dem KGB, der Stasi-Krake und den „Kundschaftern“ des Markus Wolf eine wahre Deppentruppe gewesen. Als unfähig und ahnungslos könne man „den Westen“ keinesfalls bezeichnen – auch dank der Hilfe zahlreicher „Überläufer“ und dank der gründlichen Sondierungen westalliierter Geheimdienste sowie seiner Militärverbindungsmissionen. (Was wußte der Westen? Die Spionage des CIA, des britischen SIS, der französischen DGSE und des BND gegen den Sowjetblock von 1945 bis 1990. Die westalliierten Militärverbindungsmissionen in Potsdam. Helios Verlag, Aachen 2009, gebunden, 201 Seiten, Abbildungen, 19,90 Euro.)

 

Wilhelm Lehmann. Für 2010 ist die erste umfassende Biographie des seit kurzem wiederentdeckten Lyrikers, Romanciers und Essayisten Wilhelm Lehmann (1882–1968) im Göttinger Wallstein Verlag angekündigt, deren erster Band bereits seit 1984 einer Übersetzung aus dem Amerikanischen harrt. Diese frisch erblühte Aufmerksamkeit dürfte den langjährigen WDR-Musikredakteur Wilfried Brennecke ermuntert haben, die Dokumente seiner Begegnung mit dem Dichter, die leider nur dessen letzten Lebensjahre ab 1966 umspannen, zu publizieren. Der Eckernförder Wilhelm-Lehmann-Gesellschaft war diese Korrespondenz für eine Veröffentlichung in ihrem Periodikum zu unbedeutsam. Daher druckte nun der kleine Engelsdorfer Verlag in Leipzig den Briefwechsel in einem schmalen Bändchen (Wilhelm Lehmann – Wilfried Brennecke. Ein später Briefwechsel mit einem jungen Verehrer nebst einigen Anmerkungen zur Zeitgeschichte. 83 Seiten, broschiert, 8,70 Euro). Dieses Unterfangen hat sich durchaus gelohnt, da der literarische Spurensucher vielleicht wenig über Lehmann, aber doch genug über die schon ins Abendlicht getauchten Überreste der bildungsbürgerlichen Kultur erfährt.  Euro.

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