© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  18/10 30. April 2010

WIRTSCHAFT
Frisierte Arbeitsmarktstatistik
Axel Glöggler

Kürzlich teilte die Bundesagentur für Arbeit (BA) mit, daß die Zahl der Arbeitslosen im März gegenüber dem Vorjahr um 160.000 auf 3,57 Millionen gesunken sei. Dazu habe speziell die Kurzarbeiterregelung beigetragen. Doch die für die Bundesregierung erfreulichen BA-Zahlen beruhen auf alten statistischen Tricks. Denn die Große Koalition hat 2009 durchgesetzt, daß die von privaten Vermittlern betreuten Arbeitslosen nicht mehr in der offiziellen Arbeitslosenzahl auftauchen (JF 36/09). Sonst hätte sich ein Zuwachs von 142.000 Erwerbslosen ergeben. Die BA-Schaubilder irritieren noch mehr. Sie suggerieren, daß das Niveau der Arbeitslosigkeit seit 2005 gesunken ist und die Finanzkrise keine Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt hatte. Schon Rot-Grün frisierte die Statistik. 2003 wurde der Schröder-Regierung vorgerechnet, daß die wahre Arbeitslosenquote nicht 10,2, sondern 18,8 Prozent betrage.

Die vielen Erwerbslosen, die sich in ungezählten Umschulungsmaßnahmen befanden, wurden von Rot-Grün nicht mehr in der Statistik aufgeführt. Und die „stille Reserve“ von etwa zwei Millionen Entmutigten, die bei einer deutlich günstigeren Arbeitsmarktlage gerne arbeiten würden, entgeht seither ebenfalls der offiziellen Zählweise. Zeitgleich, als vom vermeintlichen Frühling am Arbeitsmarkt berichtet wurde, ist auch von einer Umfrage über die Berufswünsche berichtet worden. Danach kann sich knapp die Hälfte der Befragten keinesfalls vorstellen, Vertreter zu sein. Dieser Beruf wird mit „Klinkenputzen“, „Aufquatschen“ und gar mit „Übers-Ohr-Hauen“ in Verbindung gebracht. Doch dann folgen schon die Politiker mit dreißig Prozent. Unterstellt man unseren Volksvertretern ebenfalls, daß sie uns „übers Ohr hauen“? Die fragwürdigen BA-Statistiken sprechen für diese Vermutung.

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