© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/10 07. Mai 2010

Aufgeschnappt
Lokale Verbote
Matthias Bäkermann

Auslöser war ein Lokalverbot. Im linksalternativen Göttinger Café „Kabale“ erkannte man beim sonntäglichen Frühstück Ende März eine Mitarbeiterin der Ausländerbehörde. Da diese sich an der „Abschiebepolitik“ beteilige, forderte man die Frau zum sofortigen Verlassen des Lokals auf: Beschäftigte der Ausländerbehörde bediene man nicht, bekundete stolz das „Betreiberkollektiv“. Der Applaus des linken Narrensaums folgte prompt: „Soli-Flugblätter“ mit dem Aufruf „Kein Frühstück für RassistInnen“ kursierten massenhaft, auch der Göttinger Landtagsabgeordnete Patrick Humke-Focks (Die Linke) bekundete „seine volle Solidarität“. Versuche der Stadt Göttingen, mit Hilfe des Antidiskriminierungsgesetzes gegen das Café vorzugehen, scheiterten kläglich, und die Konzession wollte man dann doch lieber nicht entziehen.

Heftiger fiel indes die folgende Debatte mit örtlichen Geschäftsleuten über Lokalverbote im Göttinger Tageblatt aus. Als dort Ulrike Grummes-Salomon, Betreiberin des renommierten Café Cron & Lanz, Verständnis für Lokalverbote zeigte, schlug die Stimmung um. Denn auch sie verweise Gäste des Lokals, jedoch weniger aus politischen Gründen: „Viele Bettler“ seien „sehr dreist“, schnitten sich zechprellend Fußnägel oder spuckten sie an – „wie Ungeziefer“, so lästig seien diese. Sofort prüfte die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen Volksverhetzung, Grummes-Salomon wurde zur öffentlichen Distanzierung ihrer „inakzeptablen Wortwahl“ genötigt. Linke Sturmabteilungen ahndeten den PC-Verstoß auf ihre Weise: Die Scheiben des Café Cron & Lanz wurden Ende April mit Pflastersteinen „entglast“.

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