© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/10 07. Mai 2010

Unter dem Deckmantel der Wissenschaftsfreiheit
Wahl in Nordrhein-Westfalen II: Rechtzeitig zur Landtagswahl warnt eine zweifelhafte Broschüre vor Parteien rechts von der CDU
Felix Krautkrämer

Darf eine staatliche Fachhochschule wenige Tage vor einer Landtagswahl davor warnen, das Kreuz bei einer Partei rechts der CDU zu machen? Wenn es nach der FH Düsseldorf geht, offenbar schon, denn dort erschien Ende April unter der Verantwortung der Arbeitsstelle Neonazismus die Broschüre „Parteien rechtsaußen. NRW und Düsseldorf vor den Landtagswahlen“. „Das ist ein hochsensibles Thema“, sagt Simone Fischer, Pressesprecherin der FH Düsseldorf auf Nachfrage der jungen freiheit. Vor dem Hintergrund der Freiheit in Forschung und Lehre gehe das aber in Ordnung. Zudem habe eine Nachfrage bei der Arbeitsstelle Neonazismus ergeben, daß die Broschüre nichts Verbotenes enthalte.

Doch auch wenn die Schrift formal gesehen nichts Verbotenes enthält, so bietet sie dennoch reichlich Anlaß zur Kritik. Denn herausgegeben hat die Arbeitsstelle Neonazismus die Broschüre gemeinsam mit dem „Antifa-Arbeitskreis der FH Düsseldorf“ und dem „Antirassistischen Bildungsforum Rheinland“. Auf rund sechzig Seiten werden darin Parteien wie Pro NRW, NPD und Republikaner aber auch „Arbeit Umwelt Familie“ (AUF) oder die Partei Bibeltreuer Christen an den Pranger gestellt.

Daß dies nicht von objektiv-wissenschaftlichem Standpunkt aus geschieht, zeigt ein genauerer Blick auf die Herausgeber. So firmiert das Antirassistische Bildungsforum Rheinland unter der Adresse des Bonner Buchladens „Le Sabot“, eines einschlägigen Szenetreffs, der laut Auskunft der nordrhein-westfälischen Landesregierung von 2002 für eine Vielzahl linksextremistischer Initiativen als Kontaktadresse fungiert und seinen Schwerpunkt auf den „Verkauf von Publikationen und Literatur mit linksextremistischen Inhalten“ setzt.

Auch die Arbeitsstelle Neonazismus (JF 9/10) und ihr Leiter Fabian Virchow verfügen über gute Kontakte ins linksradikale Milieu. Der 1960 geborene Soziologe taucht seit über zwanzig Jahren immer wieder in politisch eindeutigen Zusammenhängen auf. So zum Beispiel 1989 als Berichterstatter der Arbeitsgruppe „Neofaschismus und Rassismus“ auf  der „bundesweiten Aktionskonferenz der antifaschistischen Bewegung“ in Bremen, an der auch zahlreiche Vertreter der DKP und deren Vorfeldorganisation „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ (VVN-BdA) teilnahmen. Zudem erschienen von Virchow Beiträge in dem Anarchisten-Blatt Graswurzelrevolution und der Zeitschrift Utopie kreativ. Beide werden vom Verfassungsschutz NRW als „linksextremistisch beeinflußte“ Publikationen eingestuft.

Ebenfalls mitgewirkt an der Broschüre hat auch der Diplom-Sozialwissenschaftler Alexander Häusler. Der Mitarbeiter Virchows hat sich mit seinen Warnungen vor Pro NRW einen Namen gemacht. Warnungen vor gewaltbereiten „Autonomen“ tut Häusler dagegen gerne auch mal als „pseudowissenschaftlich“ ab. Schließlich würden dadurch „antifaschistische Protestbewegungen mit rechtsextremistischen Strömungen“ gleichgesetzt.

Als besonderen Service bietet die Broschüre zum Abschluß diverse, laut der FH Düsseldorf „empfehlenswerte“ Adressen und Kontakte zur Weiterbildung. Darunter findet sich auch der nordrhein-westfälische Landesverband der VVN-BdA. Zwar taucht die Gruppierung seit 2008 nicht mehr im NRW-Verfassungsschutzbericht auf, dafür wird sie von den Bundesländern Baden-Württemberg und Bayern als „linksextremistisch beeinflußte Organisation“ geführt. 

Ebenfalls empfohlen werden in der Broschüre die linksradikale Szenezeitschrift Der Rechte Rand und das Antifaschistische Info-Blatt. Bei letzterem handelt es sich laut Auskunft des Bundesamtes für Verfassungsschutz um eine „relevante Publikation der linksextremen Szene“. Der Berliner Verfassungsschutz geht davon aus, daß von dem Blatt „Verbindungen in die linksextremistische Szene bestehen“.

Was das alles tatsächlich mit der Freiheit von Forschung und Lehre zu tun hat, bleibt offen. Aber wahrscheinlich dient die Broschüre auch weniger einem wissenschaftlichen Zweck als vielmehr der inhaltlichen Unterstützung „antifaschistischen Engagements gegen Rechts“, wie Arbeitsstellenleiter Virchow in seinem Vorwort schreibt.

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