© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  19/10 07. Mai 2010

Die „Superillu“ feiert ihr 20jähriges Jubiläum: Förderin der „ostdeutschen“ Identität
Deutsche Einheit als Chimäre
Curd-Torsten Weick

Es gibt was zu feiern. Zwanzig Jahre deutsche Einheit, und Superillu ist dabei. Die Zeitschrift feiert selber ihr zwanzigjähriges Jubiläum und läßt sich nicht lumpen. Welches deutsche Magazin kann sich schon rühmen, Stifter eines Einheitspreises zu sein? „Wir wollen mit diesem Preis Menschen ehren, die sich um das Zusammenwachsen von Ost und West besonders verdient gemacht haben“, erklärt Chefredakteur Jochen Wolff.

Ungewohnte, gesamtdeutsche Töne, die da aus Berlin-Mitte zu hören sind? Das „mediale Kompetenzzentrum für Ostdeutschland“ auf neuen Pfaden? Nur auf den ersten Blick. Preisträger können auch Personen sein, die „eine ostdeutsche Erfolgsgeschichte“ geschrieben haben.

Eine imaginäre Grenze teilt den Harz aufs neue

Auch zwanzig Jahre nach der Einheit vermittelt die Superillu ihren Lesern immer noch das Bild, als lebten sie in einem eigenen Land. „Unsere Frauen“, die „nur erste Plätze“ belegen, kommen selbstredend aus Schwerin, Potsdam und Leipzig. „Unser neues Traumpaar“ im Sport stammt natürlich aus Schwedt (Britta Steffen) und Halle an der Saale (Paul Biedermann).

„Unsere schöne Heimat“ heißt etwa die große Jubiläumsserie der Zeitschrift, die so manchen ahnungslosen, heimatverbundenen Betrachter ansprechen könnte. Schön anzusehen die Bilder aus dem „Zauberhaften Thüringer Wald“, dem „Traditionsreichen Erzgebirge“ und dem „Sagenhaften Harz“.

Doch beim Blick auf die dazugehörigen Karten kommen Erinnerungen an alte Ost-Berliner Zeiten hoch, als die DDR-Stadtpläne die Fläche West-Berlins zur Einöde machten. Nicht anders ergeht es dem Harz in der Super-Illu. Braunlage, Hohegeiß und St. Andreasberg: Fehlanzeige. Eine imaginäre Grenze teilt den Harz auch im Jubeljahr. Hier das pralle Leben von Brockenwirt, Hexen-Näherin und Dampflokführer. Dort Brachland. Selbst im Textteil – kein Wort über Bad Grund, Goslar und den wilden Lauf der Oker.

Die „ostdeutsche Identität“ blüht, wächst und gedeiht. Kein Wunder also, daß die Superillu-Werbebeilage „Unsere Buchempfehlungen für Sie“ (www.buchredaktion.de) mit ihren einschlägigen Büchern wie „Die Schulden des Westens“ („Nicht der Osten lag dem Westen auf der Tasche, sondern umgekehrt“) oder „Freischützen des Rechtsstaats“ („Warum wird die DDR-Geschichte gefälscht?“) ein entsprechendes DDR-nostalgisches Publikum vermutet. Dabei liegt eine DDR-verklärende Haltung dem Berliner Blatt, das von Anbeginn zum Burda-Verlag gehört, fern. Überaus kritische Berichte über die Stasi, über Alt-Stalinisten oder die Ex-DDR-Wohlfahrtorganisation Volkssolidarität sprechen eine unmißverständliche Sprache.

Dafür sorgt schon der Chefredakteur Jochen Wolff. Der Bayer aus Furth im Wald, der das Blatt seit knapp 20 Jahren führt, steht fern jeder DDR-Nostalgie. Der 60jährige, der zuvor als stellvertretender Chefredakteur der 1992 eingestellten Illustrierte Quick wirkte, ist nur ein Mann, der sein Fach versteht. Mit der Superillu füllt er seit jeher ein Vakuum: „Es wird immer noch über Ostdeutschland in vielen Magazinen oder auch im Fernsehen so berichtet, als würde unser Auslandskorrespondent aus Usbekistan seine Einschätzung der Lage in Usbekistan schildern“, berichtete er gegenüber dem Deutschlandradio.

Also geben er und der Burda-Verlag den Menschen zwischen Rügen und Thüringer Wald eine Stimme, ja fördern gar das „Wir“-Gefühl. Satte 900.000 Exemplare wurden im August 1990 verkauft. Diese Zahl hat sich nun halbiert. Lag die verkaufte Auflage 2008 noch bei 494.864, sank sie 2010 auf 469.928 (IVW I/2008 und 2010). Ein Zeichen der Normalisierung im deutsch-deutschen Medienkrieg? Dann bräuchte es die Super-Illu bald nicht mehr. Also fährt man die „unsere besten/schönsten/schlimmsten“-Schiene fröhlich weiter.

Gespickt mit Beitragen aus Politik und Gesellschaft (inklusive einer Kolumne des ehemaligen FAZ-Herausgebers Hugo Müller-Vogg), mit Rätselecke, Kinder-, Recht-, Reise-, Gesundheit- und Leute-Seiten unterscheidet sich das Blatt kaum von der Konkurrenz. Nur im Kontext des Zusammenwachsens von Ost und West spielt das Magazin aus Berlin eine unrühmliche Rolle.

Die Superillu soll „dazu beitragen“, die „innere Einheit der Deutschen auch emotional voranzutreiben“, philosophiert der Burda-Verlag. Doch so mancher Beitrag zementiert die Unterschiede. Entsprechend sind als die ersten Einheitspreisträger zu nennen: der Chef der Sektkellerei Rotkäppchen, Gunter Heise, der Präsident der Reederei AIDA Cruises, Michael Thamm, sowie Filmproduzent Nico Hofmann, Macher des Sat.1-Mauerstreifens „Die Grenze“. 

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