© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  20/10 14. Mai 2010

Nicht sexy, aber fruchtbar
Tagung zur „Evolution der Religion“ in Arnoldsha
Daniel Körtel

Im vergangenen Darwin-Jahr stand noch die Ursprungsfrage im Zentrum des Dialogs zwischen Naturwissenschaft und Religion. Doch inzwischen geht die naturalistische Forschung weiter und fragt nach den naturgeschichtlichen Wurzeln der Religion, ihrer Entstehung aus dem Prozeß von Mutation und Selektion. Da es dabei um das „Eingemachte“ von Religion geht, griff die Evangelische Akademie Arnoldshain das Thema am vergangenen Wochenende in ihrer Tagung „Die Evolution der Religion – der Biologie hoffnungslos ausgeliefert?“ auf.

Der Soziobiologe Eckart Voland hob in seinem Referat die Vorteile der Religiosität für die Kooperationsbereitschaft hervor. Je teurer die hier über Rituale und Anforderungen gesetzten Signale, umso stabiler und langlebiger ist die religiöse Gruppe. Der Naturalist Voland, Mitglied im Beirat der religionskritischen Giordano- Bruno-Stiftung, konnte sich dabei nicht den Seitenhieb auf die Gastgeber verkneifen, daß er die Ursache für die gegenwärtige Schwäche des Protestantismus in seinen billigen Signalen begründet sieht.

Den Zusammenhang von Religiosität und Fruchtbarkeit erläuterte der Religionswissenschaftler und Buchautor Michael Blume („Gott, Gene und Gehirn“): „Religiosität macht nicht sexy, aber es sendet ein starkes Signal an die Frau aus, daß der potentielle Partner hohe soziale Kompetenz besitzt und sich regelkonform verhält.“ Je aktiver Menschen ihre Religion ausüben, desto mehr Kinder haben sie im Gegensatz zu säkularen Gruppen, von denen es keine schaffe, über drei Generationen stabil zu bleiben. Aber keine Religion könne sich darauf ausruhen, was in der Vergangenheit funktioniert hat und müsse sich immer den neuen Bedingungen anpassen. Voland aufgreifend, stimmte er ihm im Hinblick auf den protestantischen Mainstream zu, wies aber gleichzeitig auf die vielen neu entstehenden freien protestantischen Gemeinden im Südwesten hin, die eine hohe Verbindlichkeit der Ehe verlangten, sich aber in bezug auf eine Erwerbstätigkeit der Frau tolerant verhielten.

Die Tagung zeigte, daß der Dialog zwischen Naturwissenschaft und Religion keineswegs – wie von manchen Traditionalisten befürchtet – mit dem Tod Gottes enden muß. Stattdessen bestätigt die Naturwissenschaft, auf die sich gerade Atheisten berufen, den Erfolgscharakter des Phänomens Religion. So ist dem von dem Biologen und Theologen Günter Altner gezogenen Fazit zuzustimmen, daß die Betrachtung durch die Naturwissenschaften eine Bereicherung für die Religion ist.

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