© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  21/10 21. Mai 2010

Aufgeschnappt
Orientierungslos an der Saar
Matthias Bäkermann

Am 30. August 2009 haben die Saarländer gewählt. Mit gewisser Verzögerung kommt nun das offizielle Handbuch des neuen Landtags der 14. Wahlperiode heraus, in dem neben biographischen Angaben zu den Abgeordneten, der Zusammensetzung der Ausschüsse, der Sitzordnung im Parlament im hinteren Teil auch die Landesverfassung zu finden ist.

Bis dahin erschließt sich dem Leser kaum, daß das Saarland Bestandteil Deutschlands ist, da weder der Herausgeber, Landtagspräsident Hans Ley (CDU), in seinem Vorwort darauf eingeht – er spricht über „wechselseitige Abhängigkeit der Landespolitik mit der internationalen, europäischen und bundesstaatlichen Politik“ – noch der historische Exkurs mit dem vielsagenden Namen „Das Saarland. Ein langer Weg nach Europa“ darauf schließen läßt. Irritierend sind im geschichtlichen Abriß auch Deutungen, die das Saarland sogar als Hitlers erste Opfernation vermuten lassen, obwohl bei der Abstimmung 90,4 Prozent der Saarländer für die Rückeingliederung ins Deutsche Reich des nach Versailles abgetrennten Gebiets stimmten: „Mit der Übergabe der Regierungsgeschäfte durch einen Vertreter des Völkerbundes an den Reichsinnenminister im Rathaussaal in Saarbrücken am 1. März 1935 setzte erneut eine Fremdbestimmung für das Saarland ein“, erklärt das Handbuch, obwohl „die braunen Machthaber“ die territorialen Grenzen der Völkerbundzeit beibehielten. Diese Stringenz durchbricht allerdings noch die Feststellung, daß „amerikanische Streitkräfte das Saarland am 21. März 1945 besetzten“. Für eine nächste Auflage läßt sich dieser Fauxpas aber bestimmt in „Befreiung“ umformulieren.

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