© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/10 28. Mai 2010

„Bundeswehr raus aus den Schulen“
Wehrdienst: Angefeuert von der Linkspartei, wächst auch bei SPD und Grünen die Ablehnung gegen den Einsatz von Jugendoffizieren
Hans Christians

Die verstärkte Präsenz der Linkspartei im politischen Geschehen der Bundesrepublik hat nun auch direkte Konsequenzen für die Bundeswehr. Geht es nach den Post-Kommunisten, dann soll die alte Sprachregelung von den „Bürgern in Uniform“ für die Soldaten nicht mehr gelten. Als Angriffsziel hat sich die Partei die sogenannten Jugendoffiziere der Bundeswehr ausgesucht (siehe auch Seite 2). Dabei kann die Linkspartei auf wachsende Unterstützung bei SPD und Grünen rechnen.

Lange Jahre war es gute Tradition, daß Jugendoffiziere in Absprache mit den Schulleitungen Lehreinrichtungen im Land besuchten und über das Innenleben der Armee berichteten. Dies ist auch bis heute verfassungsrechtlich gedeckt. Stefan Liebich, Abgeordneter der Linkspartei im Bundestag, hatte den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages damit beauftragt, die Rechtslage zu klären. In der Antwort heißt es, „daß Informationen über die Bundeswehr im Pflichtfach des Schulunterrichts verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig sind“.

Auch die Beratung zu Wehrpflicht und Berufsmöglichkeiten ist demnach an Schulen erlaubt. Allerdings müsse die Schule bei allen Veranstaltungen mit Bundeswehr-Vertretern auf Ausgewogenheit achten – indem sie etwa auch militärkritische Vertreter zu Wort kommen lasse, Informationen zum Zivildienst anbiete und auch auf die Vielfalt der Berufe außerhalb der Bundeswehr hinweise. Doch diese Antwort befriedigte die Linken nicht. In Hessen, wo die Partei seit 2008 im Landtag sitzt, beschwerte sich deren Jugendorganisation solid, daß sich die Bundeswehr an den Schulen als vermeintlich sicherer Arbeitgeber präsentiere.

Das rot-rot regierte Berlin unter Klaus Wowereit ist sogar schon einen Schritt weiter. Dort wurde in der vergangenen Woche an einer Schule ein Jugendoffizier der Bundeswehr wieder ausgeladen.

Nachdem Schüler des Hans-und-Hilde-Coppi-Gymnasiums in Karlshorst dagegen protestiert hatten, daß ein Offizier Elfkläßlern über die Aufgaben der Bundeswehr und die dortigen Berufsmöglichkeiten informiert, wurde die Veranstaltung abgesagt. „Zur Beschwichtigung der Gemüter und aufgrund der guten Argumente der Schülervertretung“ sei der Offizier vorerst ausgeladen worden, berichtet die Berliner Zeitung. Zuvor hatten die Schülervertretung bei der Schulleitung gegen die Veranstaltung protestiert. Die Grünen haben unterdessen im Berliner Abgeordnetenhaus einen Antrag eingebracht, in dem an den Schulen ein „gleichberechtigter Zugang für wehrdienstkritische Verbände“ gefordert wird.

Derzeit gibt es innerhalb der Armee 93 speziell für diese Aufgabe ausgebildete Soldaten. Sie sollen den Schülern einen Einblick in die Struktur der Bundeswehr geben und deren Stellung innerhalb der bundesdeutschen Demokratie näherbringen. Dies geschah bisher ausschließlich auf Anfrage der Schulen – und über Jahre hinweg ohne größere Aufregungen. Doch mittlerweile ist ein Politikum daraus geworden. Auslöser war die Aussage von Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU), daß die Jugendoffiziere künftig auch vom Afghanistan-Einsatz berichten sollten. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) konterte erbost: „Es kann nicht sein, daß Soldaten in einseitiger Art und Weise von ihren Kriegserlebnissen berichten.“

Im Saarland hat ein Bündnis um die Lehrergewerkschaft GEW in einem offenen Brief an Bildungsminister Klaus Kessler (Grüne) Widerstand für den Fall angekündigt, daß die Jamaika-Koalition in Saarbrücken dem Vorschlag Guttenbergs folgen werde. Das Saarland zählt zu den Bundesländern, welche schon seit einiger Zeit eine Kooperation mit der Bundeswehr pflegten. Ein ähnliches Vorgehen war auch in Schleswig-Holstein geplant. Doch dort sorgte ein Vorfall an einem Stützpunkt für Aufregung, wo Minderjährigen gegen alle Vereinbarungen erlaubt worden war, mit Waffen Zielübungen zu machen. Die Landtagsfraktion der SPD möchte nun verbindliche Regeln für den Besuch von Jugendoffizieren schaffen, „um eine einseitige Werbung zu verhindern“. Die Linkspartei geht einen Schritt weiter. Sie fordert: „Bundeswehr raus aus unseren Schulen.“

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