© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/10 28. Mai 2010

Einwurf: Notizen zur Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika, Folge drei
Afrikaner bleiben Außenseiter
Arthur Hiller

Sollte das Schicksal die südafrikanische und die deutsche Nationalmannschaft dazu auserkoren haben, bei der Weltmeisterschaft aufeinanderzutreffen, könnte dies frühestens im Viertelfinale der Fall sein. Ohne Einwirkung höherer Mächte dürfte eine derartige Begegnung allerdings eher unwahrscheinlich sein. Joachim Löws Team ist hinsichtlich seiner Spielstärke und Nervenkraft schwer einzuschätzen. Wird die Gruppenphase mit den Partien gegen Australien, Ghana und Serbien gemeistert, worauf vertraut werden darf, könnte bereits im Achtelfinale mit England eine Mannschaft warten, die kaum zu Siegesgewißheit verleitet. Ein Aus zu einem derartig frühen Zeitpunkt ist einer DFB-Auswahl zwar seit Menschengedenken nicht widerfahren. Es ist aber alles andere als unwahrscheinlich, daß jene der WM 2010 auf eine solche Weise Geschichte schreibt.

Hat Deutschland immerhin begründete Chancen, das Viertelfinale zu erreichen, so sind diese für Südafrika marginal. Man sollte zwar die Aussagekraft der Fifa-Weltrangliste nicht überschätzen. Ganz ohne Bezug zur Realität ist sie jedoch nicht. Von den Nationalmannschaften auf den ersten 32 Plätzen haben 24 die Qualifikation für Südafrika geschafft. Acht weitere aus den unteren Regionen der Rangliste kommen hinzu. Der für das Turnier gesetzte Gastgeber erscheint in dieser Wertung erst auf Platz 90. Hinter ihm rangiert von den 32 Mannschaften der WM-Endrunde nur noch Nordkorea auf Position 107. Seit der WM 2002, als man beinahe den Einzug ins Achtelfinale geschafft hätte, ist Südafrika im Fußball eine Quantité négligeable. Auch die Verpflichtung von Carlos Alberto Parreira als Nationaltrainer, er hat immerhin Brasilien 1994 zum Titelgewinn geführt, vermochte daran nichts zu ändern. Es wird daher erwartet, daß sich Südafrika in seiner Gruppe gegen Mexiko, Uruguay und Frankreich nicht durchsetzen kann und als erstes Gastgeberland der WM-Geschichte schon in der Vorrunde ausscheidet.

Die Stimmung im Lande wird dies nur dann nicht nachhaltig dämpfen, wenn es wenigstens andere afrikanische Mannschaften besser machen. Hier gibt es jedoch ebenfalls keinen Anlaß für überbordende Hoffnungen. Die Bühne der WM-Endrunden ist für Mannschaften aus dem Raum südlich der Sahara überhaupt erst durch die Erweiterung der Teilnehmerzahl auf zunächst 24 im Jahr 1982 und schließlich 32 ab 1998 eröffnet worden. Zuvor hatte nur Zaire für das 1974er Turnier in Deutschland die Qualifikation geschafft. Ins Viertelfinale stießen bislang nur der Senegal und Kamerun je einmal vor. 2006 scheiterte Ghana im Achtelfinale, Angola, Togo und die Elfenbeinküste bereits in der Vorrunde. Zwar hat der afrikanische Fußball viele Spieler hervorgebracht, die in europäischen Spitzenclubs glänzen. Turniermannschaften, die sich in einer WM gegen die Konkurrenz aus Europa und Südamerika behaupten könnten, hat aus ihnen aber noch niemand zu formen verstanden.

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