© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  22/10 28. Mai 2010

Hollywood-Indianer: Wie die filmische Darstellung der nordamerikanischen Ureinwohner unsere Blicke trübte
Rothäute und Bleichgesichter im Wandel der Zeiten
Silke Lührmann

Mit einer wohldosierten Prise gerechten Zorns und einer gepfefferten Portion Humor spürt Neil Diamond den Legenden, Mythen und Klischees rund um den Leinwand-Indianer nach. Seine Entdeckungsreise, die er mit Ausschnitten aus allerlei Hollywood-Klassikern bebildert, führt ihn von der heimischen Cree-Reservation quer durch die Filmgeschichte und quer durch die USA. Neben bedeutenden historischen Stätten im Konflikt zwischen Rothäuten und Bleichgesichtern besucht er auch ein Ferienlager, in dem ein junger Österreicher in knallgrüner Kriegsbemalung als Häuptling eine Horde amerikanischer Schulkinder anführt, und läßt andere Regisseure, Filmkritiker, Schauspieler sowie Galionsfiguren der indianischen Bürgerrechtsbewegung zu Wort kommen – darunter Sacheen Littlefeather (Bild), der 1973 die Ehre zufiel, in Marlon Brandos Namen einen Oscar abzulehnen.

Herausgekommen ist eine so unterhaltsame wie informative Doku, die Lust macht, umgehend mit einer langen Liste von „Unbedingt sehen“-Titeln – von klassischen Western bis zu den Produktionen der indigenen „Renaissance“ seit den 1990er Jahren – eine gutsortierte Videothek aufzusuchen. Nebenbei erfährt man zum Beispiel, warum die dämonischen Prärie-Indianer Stirnbänder tragen; vor allem aber, wie sich die Vorurteile der Kinogänger im Wandel der Zeiten veränderten. Interessant auch die Geschichte des Wahl-Indianers Iron Eyes Cody (Espera Oscar de Corti), der dem Stigma seiner sizilianischen Abstammung entkam, indem er zwischen 1927 und 1987 in über 200 Filmrollen zumeist den edlen Wilden spielte.  

Für sein nächstes Projekt sollte Diamond zu den Karl-May-Festspielen nach Bad Segeberg reisen! Indes hat seine beißende Hollywood-Kritik sogar ein Happyend, nämlich den Cannes-Triumph des Inuit-Regisseurs Zacharias Kunuk, der für „Atanarjuat“ (Die Legende vom schnellen Läufer) 2001 die Goldene Palme gewann.

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