© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/10 11. Juni 2010

„Bündelung der Kräfte“
Annäherung I: Republikaner und Pro NRW gehen aufeinander zu
Christian Vollradt

Ob „Nullkomma-Ghetto“ oder „großspurige Ein-Thema-Partei“: Wenn Funktionäre von Pro NRW und Republikanern über die jeweils andere Gruppierung herzogen, ging es meist wenig schmeichelhaft zu. Doch solche Schmähungen sollen nun der Vergangenheit angehören.

Man werde gemeinsam „den Blick nach vorne“ richten, denn angesichts des immer stärkeren Linksdralls der Union sei „die Bündelung der demokratischen rechten Kräfte und Parteien ein Gebot der Stunde“. Zu diesem Ergebnis kamen Republikaner-Chef Rolf Schlierer und der Vorsitzende von Pro NRW, Markus Beisicht, bei ihrem ersten Gesprächstreffen Ende Mai. Allen Spekulationen zum Trotz weisen beide Politiker das Gerücht um eine mögliche Fusion  zurück; allerdings mit unterschiedlicher Nuancierung: „Schwachsinn“, nennt es Rolf Schlierer gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Markus Beisicht läßt dagegen durchblicken, daß diese Nicht-Thematisierung eher temporär als grundsätzlich begründet ist. Um über so etwas wie Fusionen zu reden, sei die Zeit noch nicht reif: „Es ging zunächst um eine vertrauensbildende Maßnahme“, betonte Beisicht im Gespräch mit dieser Zeitung.

Einig sind sich die beiden Parteichefs darin, daß eine klare Abgrenzung nach rechtsaußen vollzogen werden muß, sagt Schlierer. In einer Pressemitteilung hatten die Republikaner von einer „weitgehenden Übereinstimmung“ mit Pro NRW hinsichtlich der Lagebeurteilung gesprochen. Allerdings sei selbst der Begriff „Kooperation“ nicht ganz zutreffend, stellte Schlierer gegenüber der JF klar. Vielmehr ging es bei dem Treffen darum, „den Blick nach vorne“ zu richten und „ein Signal“ zu setzen für die wachsende Zahl der „heimatlosen Konservativen“.

Neue politische Plattform als Ziel

Wenn es um konkrete Vorhaben geht, spricht Schlierer von der ein oder anderen gemeinsamen Veranstaltung, der Generalsekretär von Pro NRW, Markus Wiener, davon, daß es „in Bälde erste gemeinsame Veranstaltungen und Kampagnen“ geben werde. Außerdem wolle man sich später „auch über gemeinsame Wahlkämpfe und Wahlplattformen auf Bundesebene unterhalten“. Die Pro-Bewegung werde weiter „als Katalysator einer rechtsdemokratischen Sammlung dienen“, da sie in der Vergangenheit „die meiste Medienaufmerksamkeit“ erhalten habe.

Beisicht sieht als Ziel eine neue politische Plattform, die für Mitglieder beider Parteien und auch für andere offen ist: „Aber die wird mit Sicherheit nicht ‘Republikaner’ heißen“, sagte der Pro-Chef. Als „Deadline“ für eine entsprechende Einigung habe man die Europawahl 2014 vereinbart. Zu einem nächsten Treffen haben sich die Parteigranden für August in Köln verabredet.

Offensichtlich ist vor allem Republikaner-Chef Schlierer für die Zusammenkunft mit Beisicht über seinen Schatten gesprungen. Denn in der Pro-Truppe hatte er bisher in erster Linie abtrünnige Republikaner gesehen. So ist nachvollziehbar, warum Schlierer betont, daß sich Pro NRW eigentlich nur auf Nord­rhein-Westfalen konzentrieren werde. Deswegen seien etwaige „Revierabsprachen“ auch momentan kein Thema, dafür „fehlt die Substanz“.

Das Treffen mit Beisicht hat jedoch vor allem eine innerparteiliche Dimension, weil Schlierer damit auf seine Kritiker zugeht. Auf dem Bundesparteitag im März hatten sich die Anhänger des rheinland-pfälzischen Republikaner-Vorsitzenden Stefan Stritter mit der Forderung nach einer verstärkten Kooperation oder gar Fusion mit Pro NRW in Stellung gebracht – und dies mit einer schonungslosen Kritik am Zustand der eigenen Partei verbunden (JF 14/10). Schlierer lenkte schließlich ein.

Versenden
  Ausdrucken Probeabo bestellen