© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  24/10 11. Juni 2010

„Ich bekenne mich schuldig“
Schuldenkrise: Der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel gibt sich selbstkritisch und spricht sich für die Rückkehr zur D-Mark aus
Hinrich Rohbohm

Der ehemalige Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) Hans-Olaf Henkel hat sich für die Wiedereinführung der D-Mark ausgesprochen. In einem Beitrag für das Hamburger Abendblatt schlägt der 70 Jahre alte Ex-Manager die Aufteilung des Euro-Raums vor.

Demnach könnte eine aus den nördlichen Euro-Ländern bestehende, sich an die gültigen Stabilitätskriterien haltende D-Mark-geführte Währungszone gebildet werden. Gleichzeitig wäre für ihn ein „weniger stringent“ geführter Franc-Währungsverbund für die südlichen Länder denkbar.

 Überraschend offen übte Henkel Selbstkritik. „Ich bekenne mich schuldig: Ich war ein überzeugter Anhänger des Euro“, räumte der einstige IBM-Manager ein. Er habe die vom damaligen Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) „durchgeboxten“ Sicherungen für ausreichend gehalten. Von der Einführung des Euro habe er sich einen Zwang zu mehr Haushaltsdisziplin versprochen.

Im Jahr 2001 seien ihm jedoch bereits erste Zweifel gekommen, als der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) ein unzulässiges Rekorddefizit vorgelegt hatte.  Ernster seien die Zweifel geworden, als Schröder gemeinsam mit Frankreich trotz Vorbehalten der EZB die Aufnahme Griechenlands in den Euro-Verbund „erzwang“ und das Brüsseler Defizitverfahren gegen Deutschland und Frankreich „abwürgte.“

„Hätte ich gewußt, wie die Politik mit ihren eigenen Vorgaben umgeht, hätte ich mich als BDI-Präsident nicht, die Vorbehalte der schweigenden Mehrheit meiner Verbandsmitglieder ignorierend, für den Euro stark gemacht. Heute weiß ich, es war ein Fehler“, bekennt der gelernte Kaufmann. Henkel zufolge habe auch das durch Bundestag und Bundesrat „gepeitschte“ 147-Milliarden-Gesetz nicht zur Stabilisierung des Euro beigetragen. Vielmehr habe der Beschluß die Währung „weiter auf Talfahrt geschickt“. Die eigentliche „Katastrophe“ sei jedoch der Wandel der Euro-Zone von einer Währungsunion zu einer Transferunion, die nun den deutschen Steuerzahler für andere Länder mit in Haftung nehme. Diese sei ein „System organisierter Verantwortungslosigkeit“, kritisiert Henkel in seinem Artikel und macht dies an einem Beispiel fest: „Spart Bayern einen Euro, muß es 97 Cent abgeben, gibt Bremen einen Euro aus, bekommt es 97 Cent zurück.“ Daher sei es kein Wunder, daß sich verantwortliches Wirtschaften weder für Geber- noch für Nehmerländer lohne.

Henkel widerspricht auch der Bundeskanzlerin, die stets betont hatte, daß es zu dem jetzt geschnürten Milliarden-Rettungspaket keine Alternative gebe. Der Ex-BDI-Chef sieht dagegen gleich mehrere Alternativen. Neben der Aufteilung des Euro-Raums in einen nördlichen und einen südlichen Währungsverbund sei schließlich auch der Auszug Griechenlands aus dem Euro-Raum eine Option. Allerdings setze letzteres, „wie man nun weiß“, nicht nur das Einverständnis Griechenlands, sondern das aller EU-Partnerländer voraus.

Unterdessen hat der frischgebackene Bundespräsidenten-Kandidat von SPD und Grünen, Joachim Gauck, in einem Interview in der Welt vor Befürwortern einer Rückkehr zur D-Mark gewarnt. „Wer sich als Europäer begreift, muß sich fürchten vor populistischen Politikern, die jetzt die schöne alte D-Mark zurückfordern.“ Als die Zeitung Henkel als Beispiel anführte, ergänzte der ehemalige Bundesbeauftrage für die Stasi-Unterlagen: „... eben, und er wird nicht der einzige bleiben. Ein smarter Populist könnte durchaus Zustimmung für eine isolationistische Politik finden.“

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