© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  25/10 18. Juni 2010

Erfolgreiche Führung eines Familienunternehmens
Stefanie Selhorst über die Denunzierung der Hausfrauen und den wahren gesellschaftlichen Wert häuslicher Erziehungsarbeit
Anni Mursula

Derzeit gibt es in Deutschland etwa 15 Millionen Hausfrauen. Glaubt man der aktuellen Familienpolitik, ist deren tägliche Arbeit jedoch weitgehend wertlos. Sie verschwenden ihr Potential, weil sie auf ein „emanzipiertes“ Leben und „berufliche Erfüllung“ verzichten, und schaden ihren Kindern, weil sie ihnen die Möglichkeit verwehren, sich früh zu bilden und in einer Krippe zu sozialisieren.

Diesem abwertenden Bild der Hausfrau entgegenzutreten, hat sich Stefanie Selhorst zur Aufgabe gemacht. In ihrem jüngst erschienenen Buch „Nur – Essay zum Beruf“ räumt sie mit den gängigen Klischees auf und macht die große Diskrepanz deutlich, die zwischen dem herrscht, was die Gesellschaft über den Wert der Arbeit von Hausfrauen denkt, und dem, was sie in Wahrheit für die Gemeinschaft leisten. Schließlich geht es nicht bloß um Putzen oder Kochen, sondern um nicht weniger als das Fundament eines funktionsfähigen Staates.

Mit ihrem Plädoyer für das klassische Familienleben möchte die dreifache Mutter und überzeugte Hausfrau Stefanie Selhorst vor allem eines: denjenigen Frauen Mut zusprechen, die sich entgegen politischen Wunschvorstellungen voll und ganz ihrer Familie widmen. Ihr Buch versteht sie daher auch als Ratgeber für diese Frauen. Sie will ihnen helfen, ein wenig mehr Stolz auf  den eigenen Berufsstand zu empfinden. Denn die meisten Hausfrauen leiden laut der Autorin unter chronischen Minderwertigkeitskomplexen. Kein Wunder: Schließlich vermittelt ihnen die Gesellschaft Tag für Tag, daß ihre Arbeit doch unmöglich erfüllend, geschweige denn eine Herausforderung sein kann. Außerdem sei das Hausfrauengedöns ja keinesfalls eine Ganztagsbeschäftigung, sondern lasse sich problemlos auch mit einer regulären Arbeit vereinbaren. Das bißchen Haushalt und Kinder läßt sich doch locker in ein paar Qualitätsstunden am Abend quetschen.

Daß voll erwerbstätige Mütter eben nicht dasselbe schaffen, was „Nur“-Hausfrauen leisten, und daß es den Kindern, die in einer „Ganztagsfamilie“ aufwachsen, besser geht, zeigt Stefanie Selhorst deutlich. Denn Familienleben und Kinder brauchen ausreichend Zeit, und nicht nur Qualitätszeit. Und das ist eben nicht nebenbei zu leisten, sondern nur durch die Vorzüge einer „Vollzeit“ verfügbaren Mutter. Nur „das liebend erkennende Mutterauge macht alle Frühpädagogik überflüssig und liefert dem Kind ganz gezielt das Wohlwollen, das es zur entspannten und ungestörten Entdeckung seiner Einmaligkeit braucht“, so die Autorin.

Selhorst selbst hat sich nach der Geburt ihres ersten Kindes aus dem Beruf als Redakteurin zurückgezogen. Leicht sei ihr diese Entscheidung nicht gefallen, schreibt sie: Mit der zunehmenden Vereinbarungshysterie der Familienpolitik habe sie sich immer mehr gezwungen gesehen, ihr Lebensmodell rechtfertigen zu müssen. Um aus dieser ewigen Abwehrhaltung endlich auszubrechen, hat sie ihr Buch geschrieben: In frechem essayistischen Plauderton greift sie darin Politik und Medien an und fragt, welchen Sinn und Nutzen die Ganztagsfamilie für Kinder und Eltern, aber auch für die gesamte Gesellschaft hat.

Sie betont dabei, daß der Beruf der Ganztagsmutter unentbehrlich für eine funktionierende Gesellschaft selbstständig denkender, demokratiefähiger und freiheitlicher Menschen ist. Die verstaatlichten Krippen als Instrument der Kollektivierung bewirken ihrer Ansicht nach das Gegenteil – beziehungsweise bereiten dem Totalitarismus einen fruchtbaren Boden. 

Und auch wenn die sogenannten Gesellschaftsarchitekten nicht unbedingt mit dem Totalitarismus liebäugelten, sei in der Kindererziehung eine deutliche Entwicklung in Richtung staatlicher Kontrolle bemerkbar: Immerhin ist man auch in der früher einmal als Familienpartei geltenden CDU für die staatliche Erziehung von Kleinstkindern. „Wenn im Jahre 2012 sechzig Prozent der ein- bis dreijährigen Kinder in staatlichen Krippen aufgezogen werden, dann ist Tür und Tor offen und es gibt kein Zurück mehr“, warnt Selhorst deshalb.

Um so wichtiger sei es, zu fragen, auf welchem Weltbild die Gesellschaft beruht. Die Autorin unterscheidet hier zwischen der sogenannten Raum- und der Platz-Gesellschaft. In letzterer gibt es für jeden seinen ihm zugewiesenen Platz: für das Baby den Krippenplatz, für das Kind den Kindergarten oder die Schule, für die Eltern den Arbeitsplatz und für die Großeltern den Platz im Altersheim. Platzwärter aus Politik, staatlicher Verwaltung, Medien und Wissenschaft verteilen und überwachen diese Plätze, um die Kontrolle auch über die kleinsten Zellen der Gesellschaft – die Familien – zu haben. Deshalb stehe eine Familie, die ihre Kinder persönlich zu Hause erzieht und sich den ihnen zugedachten Plätzen entzieht, einer solchen Gesellschaft auch diametral entgegen, so Selhorst. Sie dagegen plädiert für eine Raumgesellschaft, in der es um die Entfaltung einzigartiger und gottgewollter Individuen geht. In einer solchen Gesellschaft sei auch die Familie, die sich im Alltag als solche realisiert, selbstverständlich.

Stefanie Selhorst: Nur – Essay zum Beruf. FE-Medienverlag, Kißlegg 2010, broschiert, 176 Seiten, 6,95 Euro

Foto: Erziehungsarbeit von Mama rechnet sich für alle: Kindern in einer „Ganztagsfamilie“ geht es besser

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