© JUNGE FREIHEIT Verlag GmbH & Co.  www.jungefreiheit.de  26/10 25. Juni 2010

Interview-Skandal
DFB greift Pressefreiheit an
Dieter Stein

Es war durchaus riskant, die nationale Fußballbegeisterung in dieser Woche noch einmal zum Aufmacher-Thema der JUNGEN FREIHEIT zu machen: Dienstag ist Redaktionsschluß, Mittwoch entscheidet das Spiel Deutschland gegen Ghana, ob wir das Achtelfinale erreichen. Wenn die Zeitung Donnerstag im Briefkasten und Freitag am Kiosk liegt – vielleicht schon wieder alles vorbei. Damit die Heimatfront steht, planten wir natürlich alternativlos mit dem Sieg unserer Elf. Passend hierzu führte unser Redakteur Moritz Schwarz ein Interview mit der deutschen Fußball-Legende Horst Eckel (78), neben Ottmar Walter und Hans Schäfer einer von drei noch lebenden Angehörigen der Weltmeisterelf von 1954.

Sönke Wortmann brachte 2003 das unvergeßliche Fußballspiel als mitreißenden Spielfilm in die Kinos und rief die Begeisterung wach, die der Sieg der deutschen Nationalelf in einem vom Krieg verheerten Deutschland auslöste. Auch  nachgeborenen Deutschen, denen die Zeitzeugenschaft fehlt, jagen im Jahr 2010 Schauer über den Rücken, wenn sie den Radiokommentar von Herbert Zimmermann zum Siegtor von Helmut Rahn hören.

Horst Eckel ruft im Gespräch mit der JF wach, was zu einer siegreichen Mannschaft gehört: unbedingter Wille zum Sieg. Wer kleinmütig ist, hat schon verloren. Vor allem aber  bekräftigt Eckel, daß es 1954 ebenso wie heute nicht um Geld gehe, wenn man für die Nationalmannschaft spielt, sondern nur um eins: Deutschland. Der altgediente Nationalspieler zeigt im Gespräch, wie berührt er davon ist, daß es heute wie damals der Nationalelf gelingt, die Landsleute zu patriotischer Begeisterung hinzureißen. Er zweifle auch nicht daran, daß der Patriotismus einer echten Identifikation mit der eigenen Nation entspringe.

Andere Völker seien auch stolz auf ihr Land, bekennt der ehemalige Mittelfeldspieler, er finde es schön, daß es wieder normal werde, sich zu unseren Nationalfarben zu bekennen. Eckel ist davon berührt, daß junge Deutsche noch immer von ihm wissen wollten, wie es damals beim Spiel Deutschland gegen Ungarn in Bern gewesen sei und was der Sieg in Deutschland ausgelöst habe.

Die JF kann den Text dieses bemerkenswerten Gesprächs nicht drucken. Horst Eckel wollte den Text freigeben. Der Deutsche Fußballbund (DFB) übte jedoch massiven Druck aus und verhinderte die Autorisierung des Interviews. Ein unglaublicher Skandal und nach unserer Auffassung ein Eingriff in die Pressefreiheit. Denn: Der Pressesprecher des DFB begründete die Ablehnung ausdrücklich damit, daß die JF in der Vergangenheit kritisch über den DFB-Präsidenten Theo Zwanziger berichtet habe.

Wir machen den Eklat kenntlich, in dem wir auf Seite drei den bereits gesetzten Text unleserlich gemacht haben und das Protokoll dieses Skandals dokumentieren.

Fordern Sie den Text des Interviews an bei: Thomas Hackbarth, Direktion Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit des DFB, Otto-Fleck-Schneise 6, 60528 Frankfurt / Main Tel.: 069 / 6788-337, E-Post thomas.hackbarth@dfb.de

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